Im Bodenseekreis und aktuell in LA
Der Sommer verabschiedet sich, die Herausforderung der Unterbringung Geflüchteter bleibt. Der SÜDKURIER schreibt dazu in dieser Woche hier über den Besuch eines Staatssekretärs in Tettnang:
„Die Zahlen steigen, der Platz wird knapp, das Personal fehlt: Im Land sehen sich einige Kommunen bei der Flüchtlingsunterbringung am Limit. Wie ist die Lage im Kreis? Ein Staatssekretär macht sich ein Bild in Tettnang an zwei Orten.”
Staatssekretär Lorek (CDU) besuchte zusammen mit Landrat Prayon Tettnang. Es wird eng schreibt der SÜDKURIER und zitiert Michael Stratil vom Amt für Migration und Integration. Laut Gesetz stünden jeder Person sieben Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung.
Aufgrund der krisenhaften Situation habe das Land allerdings den Schlüssel vorübergehend auf viereinhalb Quadratmeter gesenkt. „So kommen in der Narzissenstraße (Anm. AGORA-LA) je nach Raumgröße vier bis sechs Menschen in einem Raum unter.“ Auch das Personal für Sicherheits-und Sozialarbeit etc. werde knapp, so heißt es in dem Beitrag.
Soweit der SÜDKURIER.
Damit wird das Zusammenleben in den Kommunen für alle Beteiligten belastend. Nahezu jede Kommune dürfte ähnliche Pobleme haben. Wie sieht es in Langargen aus?
Im Interview mit Tanja Poimer in der Schwäbischen Zeitung hier sagt Bürgermeister Münder zu dem Thema:

„Wir kommen unserer Aufnahmeverpflichtung nach, wir schaffen das. Die Turnhalle ist derzeit mit etwa 90 Menschen mehr als voll belegt. Zum Start im Frühling 2022 waren dort vor allem Ukrainer untergebracht, inzwischen sind verschiedene Nationen vertreten. Das Zusammenleben läuft relativ ruhig ab. Der Bodenseekreis ist Mieter, und wir haben uns darauf verständigt, dass die Nutzung als Notunterkunft am 31. Dezember endet. Die Situation in Hallen ist sehr beengt und kann nur eine Übergangslösung sein. Die Anschlussunterbringung ist Aufgabe der Kommune. Das heißt, wir haben dafür zu sorgen, dass genug Wohnraum zur Verfügung steht. Ein Mehrfamilienhaus konnten wir bereits erwerben. [. . . ]“
Das ist eine Aussage zur Situation der Geflüchteten in LA, die hier seitens des Bodenseekreises untergebracht werden. Dafür ist das Haus am Heckenweg seit 1. August vom Kreis (vgl. hier) angemietet worden. Es wurde jedoch bisher noch nicht belegt. Zusätzlich müssen Personen untergebracht werden, die die Gemeinde als kommunales Kontigent aufnehmen muss.
Mittlerweile gab es am letzten Sonntag leider einen Zwischenfall an der Unteren Seestraße. Das Presseportal des Polizeipräsidiums Ravensburg schreibt hier dazu:

In Wohnung randaliert
Ein 29-jähriger Mann hat am Sonntagabend gegen 18.45 Uhr mehrere Polizeistreifen auf den Plan gerufen. Passanten hatten gemeldet, dass der Mann in seiner Unterkunft in der Unteren Seestraße randaliere und das gesamte Gebäude demolieren würde. Der Mann, der sich offenbar in einem psychischen Ausnahmezustand befand, ließ sich widerstandslos festnehmen. Weil er in der Wohnung offenbar mehrere Scheiben eingeschlagen, einen Briefkasten abgerissen und das Inventar zerstört hatte, droht ihm nun eine Anzeige wegen Sachbeschädigung. Der 29-Jährige wurde aufgrund seines aufgebrachten Gemütszustandes in eine Fachklinik gebracht.
Jetzt folgt der Bericht aus meiner Perspektive:
Ich befand mich auf dem Rückweg vom Strandbad und wurde so zufällig Augenzeugin. Die Szene erwies sich als gespenstisch. Zahlreiche Besucher verließen gerade das Strandbad (Badeschluss 19 Uhr). Die Straße wurde abgesperrt und zahlreiche Polizisten mit schusssicheren Westen näherten sich dem Haus. Von den umstehenden Anwohnern war zu hören, dass es häufiger dort zu Problemen durch den Bewohner kommt, der dort einzeln untergebracht ist. Diese Unterbringung erfolgt über die Kommune, nicht über das Landratsamt(LRA).Erinnerungen an den Fall in Kressbronn schossen mir durch den Kopf.
Kenner von AGORA-LA wissen, dass die Veröffentlichung der miserablen Unterbringungsumstände in dieser Baracke mit ein Grund für die Entstehung dieses Blogs waren. Es ist für mich trotzdem eine Abwägung gewesen, ob und wie zu berichten sei. Oder zum Schutz aller Beteiligten eher nicht. Aus dem Umfeld der Nachbarschaft gab es bereits leider deutlich hörbare unschöne Kommentare. Irgendwie sogar verständlich. Direkt vor der Unterkunft befindet sich ein Sportplatz, der häufig von Kindern und Jugendlichen benutzt wird.
Da es einen Polizeibericht (s.o.) gibt, der jedoch für Öffentlichkeit nicht sofort zu finden ist, habe ich mich dazu entschlossenen, zu berichten. Das Thema ist schwierig für alle, aber genau deshalb sollte es der Öffentlichkeit zugänglich sein.

So gab es am 5.9.2023 eine Presseanfrage an die Gemeinde Langenargen direkt, weil der zuständige Integrationsbeauftragte vom GVV Mirko Meinel sich im Urlaub befindet.
AGORA-LA:
- Wie ist die Betreuung des untergebrachten Geflüchteten in der Unteren Seestraße 110/1 (US110/1) organisiert? Am letzten Sonntag hat es dort einen Zwischenfall gegeben. Laut Polizeibericht wurde der dort lebende 29-Jährige, der randaliert hatte, wegen psychischer Probleme in eine Klinik gebracht.
- Wird er weiterhin in US 110/1 untergebracht?
- Wie wird auf die Sorgen der Anwohnerschaft seitens der Behörden (GVV) eingegangen? Es hatte laut Anwohnerschaft bereits häufiger Probleme dort gegeben. Agora-La war zufällig vor Ort und die Reaktionen der Anwohner waren angesichts des hohen Polizeiaufgebotes heftig.
Die Antworten der Pressestelle der Gemeinde vom 6.9.2023
- Die Betreuung der Menschen in den Anschlussunterbringungen findet durch das Integrationsteam des GVVs statt. So auch bei der untergebrachten Person in der Unteren Seestraße 110/1.
Weitere Angaben zum Vorkommnis am vergangenen Sonntag und zur Gesundheitssituation der Person, können aus Datenschutzgründen nicht gemacht werden. - Nach derzeitigem Stand wird die Person weiterhin in der Unteren Seestraße 110/1 untergebracht.
- Wie in anderen Fällen auch, wird von Seiten der Behörden (GVV und Gemeinde) intensiv an den Themen gearbeitet. Es werden dabei übergeordnete Behörden mit einbezogen, die für weitere Maßnahmen zuständig sind.
So sieht es also aus. Nach dem Auszug der letzten Familie aus dieser Baracke 2020 hieß es, dass dort niemand mehr unterzubringen ist. Sie ist jedoch weiterhin in der Liste der Unterkünfte in der Obdachlosensatzung aus 2016 von LA aufgeführt. Ebenso der Amselweg, der gar nicht mehr zur Verfügung steht.
Es war jedoch laut Gemeinde die einzige Lösung, dem jungen Mann separat Obdach zu geben. Von einer Wohnung( vgl. Polizeibericht) kann keine Rede sein. Es bleibt zu hoffen, dass es das nötige Personal für die Betreuung vor Ort gibt. Das Tennisheim ist keine Lösung. Es wird seit Monaten mal wieder als Notlösung benutzt.
Vielleicht denken Sie ja jetzt auch an den Geist aus der Flasche, der wieder entweichen könnte? Die geschützte Wiese am Mooser Weg möglicherweise als umgewandeltes Projekt des öffentlichen Interesses für die Unterbringung Geflüchteter wie im Umwandlungsantrag formuliert?
Diesmal im Regelverfahren und nicht nach §13b BauGB (vgl. oben: Interview Schwäbische Zeitung mit BM Münder)? Immerhin hatte sich eine knappe Mehrheit im Bürgerentscheid für die Bebauung dort ausgesprochen.
Gleichzeitig berichtet swr.de hier aktuell, dass unbegleitete minderjährige Geflüchtete, die in BW ankommen, auf andere Bundesländer verteilt werden sollen. Es bleibt also für alle eine weiterhin belastende Situation.
Auch Langenargen muss sich damit beschäftigen und die Bevölkerung klug und sachlich informieren. Die Situation der Geflüchteten, die seit Jahren in unserem Ort leben, wird kaum wahrgenommen.
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