Der Regionalplan

30-Hektar-Klimaziel vom Bund unverbindlich ?

AGORA-LA hat immer wieder über das komplexe Thema Regionalplan berichtet( z. B. hier). Jetzt wurde er genehmigt und die Stellungnahmen dazu bergen wieder viel Lesestoff. Bereits zuvor hatte der BUND (Rechtsgutachten vom März 2023 hier) rechtliche Bedenken geäußert. Es ging auch um die um Sätze wie diesen:

Bei dem angesprochenen Ziel der Bundesregierung…. handelt es sich um ein unverbindliches Ziel, das nach den aktuellen gesetzlichen Vorgaben nicht auf einzelne Regionen herunter zu brechen ist.” So kann man es in der Landesdrucksache nachlesen

Der gesamte Text der Landesdrucksache aus dem Landtag an die Initiative zukunftsfähiger Regionalplan liegt AGORA-LA vor.

Die entscheidenden Stellen wurden markiert.

Der BUND schreibt in einer Pressemitteilung vom7.9.2023:

BUND bezweifelt die Rechtmäßigkeit des Regionalplans Bodensee-Oberschwaben 

Das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg hat den Regionalplan Bodensee-Oberschwaben genehmigt. Herausgenommen wurden vier interkommunale Gewerbeflächen in Friedrichshafen, Pfullendorf, Kißlegg und Leutkirch und der geplante Kalksteinabbau im Donautal. Das ist aus Sicht des BUND zumindest ein kleiner Teilerfolg.

Trotzdem bleibt ein großer Widerspruch zwischen den Zielen und Vorgaben aller politischen Ebenen zum Klimaschutz und zum Flächenverbrauch. So wird der Wohnbauflächenbedarf im Regionalplan bis 2035 mit ca. 1.000 Hektar definiert, für Industrie und Gewerbe wird ein Bedarf von ca. 1.200 Hektar angenommen. Für Straßen sind 300 Hektar überplant. Es wird ignoriert, dass wir in diesem Zeitraum den Flächenverbrauch in unserer Region auf etwa 1.250 Hektar halbieren müssen, um die Nachhaltigkeitsziele des Landes und Bundes einzuhalten“, bedauert Ulfried Miller, Regionalgeschäftsführer des BUND Bodensee-Oberschwaben.

Die Auswirkungen des neuen Regionalplanes auf den Klimaschutz sind noch immer nicht ermittelt und aufgezeigt, obwohl sie erheblich sind und dadurch auch die Ziele der EU und unserer Landes- und Bundesgesetze zum Klimaschutz deutlich verfehlt werden. So wird der Kohlendioxid-Ausstoß durch Bebauung steigen und über 2.500 Hektar Böden zur Kohlenstoffbindung gehen durch Überbauung verloren. Hier sind bei vorsichtiger Schätzung über 350.000 Tonnen CO2 gebunden. Diese Flächen fehlen auch für die Wasserrückhaltung und den Anbau von Nahrungsmitteln. Auf diese Mängel hat der BUND im Genehmigungsverfahren immer wieder hingewiesen.

Auch beim Kiesabbau wird an den zurecht umstrittenen drei Abbauvorhaben im Altdorfer Wald festgehalten – obwohl Alternativen vorhanden sind. Immerhin sind in der Region über 60 Abbauflächen vorgesehen.

Nach Ansicht eines Rechtsgutachtens, das der BUND Baden-Württemberg in Auftrag gegeben hat, und das dem Ministerium seit eineinhalb Jahren vorliegt, bestehen erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Regionalplanes.  „Wir werden die Plangenehmigung deshalb genau prüfen lassen“, erklärt BUND-Sprecher Ulfried Miller.

Ravensburg, 7.9.2023

Rückfragen:Ulfried Miller, BUND-Regionalgeschäftsstelle Ravensburg, Telefon 0751/21451, E-Mail ulfried.miller@bund.net

Die Pressemitteilung (PM) der Fraktion der GRÜNEN und der ödp- im Regionalverband ohne Mehrheit- lehnen die Genehmigung der Regionalplanung und das Zielabweichungsverfahren ab.

Fraktionserklärung / PM zur Genehmigung des Regionalplanentwurf sowie der damit verbundenen Ablehnung der Zielabweichungsverfahren

Nach gut zwei Jahren Prüfung wurde der Regionalplans Bodensee-Oberschwaben vom Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen genehmigt.

Ausgenommen von der Genehmigung sind die vier Vorranggebiete für Industrie und Gewerbe Friedrichshafen Hirschlatt, Kißlegg-Waltershofen, Leutkirch-Riedlings und Pfullendorf-Wattenreute mit einer Gesamtfläche von ca. 120 ha, für welche ein separates Zielabweichungsverfahren beantragt wurde, da sie gegen das geltende Anbindegebot verstoßen.

Die Fraktion Bündnis 90/ die Grünen/ ödp begrüßt die Ablehnung durch das Ministerium. Oberste Prämisse für unsere Fraktion bei der Entwicklung eines zukunftsfähigen Regionalplans war und ist die absolut sparsame Flächeninanspruchnahme! 

Aus diesem Grund stellten wir bereits 2020 innerhalb der Verbandsversammlung den Antrag, die vier Gebiete aus der Fortschreibung heraus zu nehmen. 

Wir sahen uns in großer Übereinstimmung mit dem Regierungspräsidium Tübingen, welches in seiner Stellungnahme zur Offenlage schrieb: „Speziell bei den Schwerpunkten für Industrie und Gewerbe fällt der hohe Flächenansatz auf, der im Regionalplan festgelegt werden soll. Da weiterhin auch lokale gewerbliche Bauflächenmöglich sein sollen (und müssen), erscheint der Flächenansatz insgesamt zu hoch, selbst unter Berücksichtigung der sehr dynamischen wirtschaftlichen Entwicklung der vergangenen Jahre. Insbesondere bei der Flächeninanspruchnahme für gewerbliche Bauflächen bedarf es einer ambitionierteren Zielsetzung für den sparsamen Umgang mit Grund und Boden.“

Für unseren Antrag gab es damals keine Mehrheit. Mit einer Flächeninanspruchnahme von 1000 ha für Wohnbebauung, 1200 ha für gewerbliche Entwicklung und 300 ha für Straßenbau verfehlt der Regionalplan auch ohne diese Gebiete klar die gesetzlich verankerten Nachhaltigkeitsziele von Land, Bund und EU.

Auf über 2500 ha geht die Kohlenstoffbindung des Bodens verloren. Dadurch werden bei vorsichtiger Schätzung 350.000 t CO2 freigesetzt.

Herr Martin Buck Präsident der IHK Bodensee-Oberschwaben spricht im Hinblick auf die Ablehnung von einer „künstlich extremen Flächenverknappung“.

Unserer Ansicht nach verkennt er damit die Realität, denn „künstlich“ würde bedeuten, dass genügend Fläche zur Verfügung steht, die lediglich verteilt werden muss.  Dies trifft auf unsere Region nicht zu. Allen, die sich mit der Flächeninanspruchnahme und deren Aspekten wie den Schutz von Trinkwasserressourcen, der Nahrungsmittelproduktion oder Biotopvernetzung auseinandersetzen ist dies bewusst. Dass die Ablehnung den wirtschaftlichen Standort vor nie dagewesenen Herausforderungen stellt ist unbestritten. In einer physikalisch begrenzten Welt jedoch von einem „immer weiter so“ aus zu gehen, bedeutet, die Augen vor der Wirklichkeit zu verschließen. Unsere Gesellschaft steht am Scheideweg. Wir können weiterhing versuchen, die Natur unseren wirtschaftlichen Interessen unter zu ordnen. Dass dies nicht gelingt, zeigen uns weltweite Trockenheit, Überschwemmungen und Brände. Eine verantwortungsvolle Politik muss leisten, wirtschaftliches Interesse mit den Belangen des Umweltschutzes in Einklang zu bringen.

Im Hinblick auf die Entwicklung eines zukunftsfähigen Regionalplans wurden von unserer Fraktion weitere Anträge gestellt. Nennen möchten wir an dieser Stelle unsere Anträge zur Sicherung von Wasservorkommen, zum Schutz vor Hochwasser, zum Moorschutz und zu den oberflächennahen Rohstoffen. Unser Ziel ist es, der Sicherung der Trinkwasserressourcen, dem Hochwasserschutz, dem Stopp des Moorabbaus und dem teilweisen Stopp von Neuaufschlüssen bei oberflächennahen Rohstoffen eine weitaus höhere Priorität als bisher einzuräumen. Konsequent wäre es unseres Erachtens gewesen, die anvisierte Menge an Kiesabbau um die entfallenen 120 ha Bebauung zu reduzieren.  

Mit Blick in die Zukunft halten wir die bisher gefällten Entscheidungen für fatal und werden aus diesem Grund auch nicht den Beitrittbeschluss fassen.

( Hervorhebungen AGORA-LA)

Das Umweltbundesamt schreibt hier: „[. . . ] Stärkung der Landes- und Regionalplanung. Grundsätzlich könnte die Landes- und Regionalplanung verbindliche Obergrenzen für die Flächeninanspruchnahme als raumplanerische Ziele festlegen. Dadurch ließe sich vom Grundsatz her die Einhaltung des 30-Hektar-Ziels für das Jahr 2020 erreichen [. . .].”

Zum Thema passend:

Heute geht um 15 Uhr in Friedrichshafen am Franziskusplatz Fridays For Future wieder wie an hunderten anderer Orte in ganz Deutschland zum globalen Klimastreik auf die Straße. HIER.

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