Blick in die Vergangenheit

Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA)

Dieser Beitrag zu den Geschehnissen in unserer Gemeinde sollte längst veröffentlicht werden, aber der Krieg in der Ukraine hat alles auf den Kopf gestellt. Die Themen, die die Demokratie vor unserer Haustüre betreffen, dürfen jetzt erst recht nicht vergessen werden. Also, daher jetzt noch ein Beitrag zur letzten Gemeinderatssitzung vom 21.02.2022 aus „Vorkriegszeiten”.

Aus den Sitzungsvorlagen der Gemeinderatsitzung vom letzten Montag. Hier:

Im April des vergangenen Jahres 2021 wurden die Bauausgaben der Gemeinde Langen- argen in den Jahren 2015 bis 2019 durch die Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) Baden- Württemberg geprüft. Bei den prüften Maßnahmen handelt es sich um Umbau und Sanierung alte Schule Oberdorf, Neubau Bauhofhauptgebäude, Neubau Fahrzeughalle zur temporären Nutzung als Feuerwehrfahrzeughalle, Sanierung Spielplatz beim alten ISF, Architekten – und Ingenieurleistungen, Neugestaltung der Außenanlage des Strandbads, Herstellung eines historischen Geländers entlang der Ufermauer, Neugestaltung Außenanlage der Villa Wahl, Jahresausschreibung für Verkehrswege- und Tiefbauarbeiten sowie Neukonzeption der Lindauer Straße.  Kritikpunkte waren im Wesentlichen die Bauaktenführung, die Handhabung der Ausschreibungen, VOB-widrige Regelungen ( Ergänzung AGORA-LA: Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen) in den Vergabeunterlagen, der Einbehalt von Sicherheitsleistungen, keine wirksame Vereinbarung von Vertragsstrafen, nicht eingeholte Auskünfte aus dem Gewerbezentralregister, fehlende Aufgliederung der Einheitspreise bei Nachträgen, unwirksame Vereinbarung der angefallenen Stundenlohnarbeiten, nicht vorliegende Bautagesberichte und die Jahresbauarbeiten für Tief- und Verkehrswegebau wurden schon längere Zeit nicht mehr ausgeschrieben [. . . ]“ ( Hervorhebung AGORA-LA)

Das sind die Auszüge aus dem Prüfbericht der GPA aus der Zeit von 2015 -2019. Es wird dort darauf hingewiesen, dass die Gemeindeverwaltung zunächst 2016 der GPA mitgeteilt hatte, dass sie den bereits dort beanstandeten Mängeln Abhilfe leisten wolle. Dies ist jedoch nicht geschehen. Es gab lediglich eine Erledigungszusage. Eine Erledigung hat jedoch nicht stattgefunden. Eine Absichtserklärung, die Mängel zu beseitigen, reichen laut GPA-Bericht nicht aus.

Im Vorfeld der Sitzung des Gemeinderates hatte AGORA-LA bei der Gemeindeprüfungsanstalt in einer Presseanfrage nach den Hintergründen gefragt. Vizepräsident Markus Günther schrieb am 17.02.2022:

„[. . . ] Unser Prüfbericht ist der Gemeinde Ende September 2021 zugegangen. Wir befinden uns im sog. Stellungnahmeverfahren, in dem es der Gemeinde eingeräumt wird, zu den Prüfungsfeststellungen Stellung zu nehmen. Die Gemeinde kann dabei z. B. Prüfungsfeststellungen entgegentreten oder deren Erledigung mitteilen [. . .]“ 

Die Reaktionen der Gemeinderäte in der Sitzung waren mehr als deutlich. Gemeinderat Kraus (OGL) äußerte seine Verwunderung und forderte die Bereitstellung des gesamten Berichtes. Gleichzeitig fragte er, wie der Gemeinderat als Gremium in Zukunft diese Mängel verhindern könne. Auch Gemeinderat Hanser (FWV) stellte für seine Fraktion Irritationen fest. Gemeinderat Wocher (CDU) bemerkte, dass es ganz „lapidare Sachen“ sein könnten. Bei solchen Prüfungen müsse ja immer etwas rauskommen, man müsse die Relationen sehen und ob es schlimm ist oder nicht, müsse man mal erst sehen.

Bürgermeister Münder verwies darauf, dass die Gemeindeverwaltung verpflichtet sei, den Bericht der GPA dem Gemeinderat zur Kenntnis zu bringen, der die Jahre vor seiner Amtszeit betrifft. Ortsbaumeister Stark führte ergänzend dazu aus: Weil die VOB-widrige Regelung zuvor in der Sitzung so aufgestoßen sei, griff er diese beispielhaft heraus und sagte:

Ein wesentlicher Punkt bei diesen Regelungen waren die Bankbürgschaften, die wir bei unseren Vorhaben teilweise noch eingefordert haben, obwohl die bei Projekten unter 200 000 Euro nicht mehr eingefordert werden sollen. Wenn wir jetzt in einer Vorlage ( gemeint ist: bei den Firmen, Anm. AGORA-LA) drin haben, dass wir eine Bankbürgschaft wollen und die ausführende Firma die auch noch liefert, dann ist das im Nachgang eine VOB-widrige Regelung. Das als Beispiel. [ …]“

Wenn der Bericht fertig sei, könne man diesen zur Verfügung stellen.

Einordnung AGORA-LA:

Das war der Blick in die Vergangenheit. Es wird sich hoffentlich manches aufklären. Ortsbaumeister Stark, ist derjenige, der die Dinge wie mangelhafte Bauaktenführung, VOB-widrige Vergaberegelungen u.ä. in seiner Abteilung aufklären muss . Er muss Klarheit schaffen. Er ist derjenige, der die vielen Baumaßnahmen der Vergangenheit in seiner Abteilung mitzuverantworten hatte. Der Hauptverantwortliche allerdings, sein damaliger Chef, der zur Aufklärung hätte beitragen können, ist leider ohne ordentliche Amtsübergabe an seinen Nachfolger gegangen. So ist es jetzt die undankbare Aufgabe des Ortsbaumeisters, offene Fragen aus der Vergangenheit zu beantworten.

Es bleibt zu hoffen, dass die Verfehlungen seitens der GPA doch nicht allzu gravierend sind. Unverständlich ist, dass die Verwaltung 2016 der GPA gegenüber Erledigung zugesichert hatte, die dann offensichtlich nicht stattgefunden hat. Und noch ein Gedanke: Diese routinemäßigen Prüfungen der GPA sind gesetzlich vorgeschrieben. Ihre Aufgabe wird auf der Homepage der GPA hier definiert: „Die Aufgaben der GPA sind gesetzlich vorgegeben. Sie umfassen die periodisch vorgeschriebene überörtliche, d. h. landesweite allgemeine Finanzprüfung, die Prüfung der Bauausgaben sowie die Beratung der Kommunen auf Antrag, in Fragen der Organisation und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung sowie in bautechnischen Fragen (§ 2 Abs. 1 GPAG, §§ 113 ff GemO, §§ 14 ff GemPrO) .[. . . .] Die Bauausgabenprüfung achtet darüber hinaus auf die richtige Abrechnung der Baumaßnahmen und die Einhaltung der Vergabevorschriften und erfüllt damit letztlich auch einen wettbewerbsrechtlichen und korruptionspräventiven Ansatz. [. . . ]”

Die Arbeit dieser Prüfanstalt seitens eines Gemeinderates (s.o.) ohne die Kenntnis der Einzelheiten zu bagatellisieren, verbietet sich. Die Aufgaben zur Bauprüfung beschreibt die GPA auf ihrer Homepage hier. Die Prüfungen behandeln keine „lapidaren Sachen“, sie bieten Instrumente der Absicherung für die Kommunen und Hilfe. (vgl. hier zur Unabhängigkeit und Finanzierung der GPA) Sie schützen eine kommunale Verwaltung auch vor Fehlentwicklungen innerhalb des Hauses. Solch eine Institution sichert die Klarheit der rechtmäßigen Abläufe in den Kommunalverwaltungen ab. Dabei haben die Gemeinderatsmitglieder Kontrollfunktion, müssen sie wahrnehmen und tragen damit auch Verantwortung für die Geschehnisse der Vergangenheit. Ob das dann “lapidare Sachen” sind, wird sich zeigen.

Der Gemeinderat ist die Vertretung der Bürger und das Hauptorgan der Gemeinde. Er legt die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest und entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist oder ihm der Gemeinderat bestimmte Angelegenheiten überträgt. Der Gemeinderat überwacht die Ausführung seiner Beschlüsse und sorgt beim Auftreten von Missständen in der Gemeindeverwaltung für deren Beseitigung durch den Bürgermeister. (Hier im § 24 der Gemeindeordnung BW nachlesbar.)

Nur so funktioniert Demokratie ganz unten ohne die Gefahr von „Vetteleswirtschaft”. Wir leben schließlich nicht in einer korrupten Oligarchie wie in Russland!

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Ein Kommentar zu „Blick in die Vergangenheit

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  1. Wow, was für ein Bericht !!
    Ja da bin ich mal gespannt, wie die Stellungnahme des Herrn Ortsbaumeister aussieht. Das was er bisher dazu ausführte ist auch nur ansatzweise nicht ausreichend. Was führt er dann für Gründe für die Missstände in seinem Verantwortungsbereich aus. Personalnot? …?
    Und wird seine Stellungnahme dann hier auch von AGORA veröffentlicht?
    Der Prüfungsbericht weisst nach meiner Meinung schon sehr umfangreiche und auch nicht zu verharmlosende Punkte auf. Vielleicht sollte H. BG Münder hier mal genauer hinsehen und nicht nur die Altlasten untersuchen. Denn das Ortsbauamt hat ja schon einen sehr großen Etat zu verwalten. Hat sich jetzt schon was in Ortsbauamt geändert? Welche Maßnahmen hat H. BG Münder getroffen, dass in seiner Gemeindeverwaltung nun entsprechend den Vorschriften und Gesetzen gewirtschaftet wird? Auch dazu wäre eine Stellungnahme wünschenswert.
    Beste Grüße von A.K.A.W.
    Name der Redaktion bekannt

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