Besuch aus dem Landratsamt

Sozialdezernent Ignaz Wetzel

Es sei seine erste Einladung in einen Gemeinderat zum Thema Unterbringung Geflüchteter, sagte der Sozialdezernent des Bodenseekreises, Ignaz Wetzel, der zu Gast in unsere letzten Gemeinderatssitzung war.

Er hat über die Situation der Geflüchteten im Bodenseekreis berichtet. Er ergänzte damit den Bericht des Integrationsmanagers, Mirko Meinel (vgl. hier), und hat weitere Hintergründe zum Thema aus der höheren Warte des Landkreises aufgezeigt. 

Die Unterbringung der ukrainischen Geflüchteten geschieht gemäß der Massenstromrichtlinie., die am 4. März letzten Jahres in Kraft trat. So wird ein humanitärer Aufenthaltstitel für Geflüchtete aus der Ukraine, erteilt ohne dass diese zuvor ein Asylverfahren durchlaufen müssen. In der Folge haben Schutzsuchende aus der Ukraine europaweit Zugang zu Arbeit, Bildung sowie Sozialleistungen und medizinischer Versorgung. Es gibt daher keinen Verteilungsschlüssel. Deshalb ist es schwierig, anders als 2015/16, einen genauen Überblick zu bekommen, zumal die ukrainischen Geflüchteten ohne Wohnsitzauflagen sich frei bewegen können.

Die genauen Zahlen, für die interessierten LeserInnen, die es genauer wissen wollen:

In der anschließenden Aussprache wurde klar, dass es keinen Rückgang der Flüchtlingszahlen geben wird.Bürgermeister Münder machte deutlich, dass die Unterbringung und die Integration nicht nur der ukrainischen Geflüchteten schwierig bleiben wird.

GRätin Falch (OGL) fragte, ob in der Hallenunterbringung die Betreuung ausreichend sei und ob die sinnvolle Zusammensetzung der verschieden Gruppen von Menschen berücksichtigt werde. Sozialdezernent Wetzel erklärte, dass dies nicht zu leisten sei. Auch sei der Abfluss in die Anschlussunterbringung wegen des Mangels an Unterkünften kaum möglich. Für soziale Betreuung gebe es kaum Personal. Er beschrieb die Situation, die leistbar ist, mit: „Warm, satt, sauber, trocken“.

GRat und Fraktionsvorsitzender der CDU, Terwart, erklärte, dass man nicht glücklich sei mit der Situation in der Halle, die den Sportunterricht und die Vereinsarbeit einschränke. Auch hätte er den Eindruck, dass der östliche Bodensee mehr Hallen zur Verfügung stelle.

Wetzel machte deutlich, dass der westliche Bodensee sogar mehr Hallenplätze habe, aber sie nicht voll belegen müsse, weil es dort mehr Anschlussunterkünfte gebe, in denen die Menschen aus den Hallen unterkommen würden. Außerdem führte er weiter aus, dass man die Kapazitäten für bezahlbaren Wohnraum generell erhöhen müsse. Das Wohnthema beträfe alle Menschen mit mittlerem Einkommen. GRrat Krug (CDU) verwies in diesem Zusammenhang auf gemeindeeigene Grundstücke in LA, die man doch habe.

Einschätzung:

Es war gut, dass der Sozialdezernent Ignaz Wetzel einmal die Situation in Bezug auf den gesamten Bodenseekreis dargestellt hat. So wurde erneut klar, dass die Hallensituation wegen mangelnder Möglichkeiten an Anschlussunterbringung in LA so schwierig ist. Das wissen wir in LA schon lange. Die Anschlussunterkünfte, die von der Gemeinde angemietet wurden, sind vergeben, oft in schlechtem Zustand und manchmal ist das Verhältnis zu den Nachbarn schwierig. 

Aber eines ist klar, neu ist dieser Mangel nicht und die Zustände in diesen Wohnungen auch nicht. Es sind in der Regel Wohnungen, die dem „normalen“ Wohnungsmarkt nicht entzogen werden. Sie sind oft in einem so schlechten Zustand, dass sie kaum den Ansprüchen junger Familien genügen. Dass GRat Krug ( CDU) in diesem Zusammenhang auf die gemeindeeigenen Flächen verwies, wirkt schon etwas skurril. 

Glaubt man tatsächlich, dass man etwa auf Flächen wie die umstrittene Mooser Weg-Wiese oder auf den wenigen gemeindeeignen Wohnungen bezahlbare Wohnungen für Geflüchtete oder Menschen mit mittleren Einkommen bauen kann? Wie wir gesehen (vgl.hier )haben, ist es sogar schwierig, geeignete Ausgleichsflächen etwa für den Mooser Weg zu finden.

Und noch etwas: Diese zugespitzte Situation in LA seit 2015 hat sich wirklich nicht unvorbereitet entwickelt. Es gab bekannte Mehrheiten im Gemeinderat. Es gab kaum jemanden, der sich vor Ort für die üblen Zustände ( Heckenweg, Föhrenweg etc…) interessiert hat. Ja, man wurde als Ehrenamtliche seitens der Behörde immer wieder darauf hingewiesen, dass es “nur” Obdachlosenunterkünfte sind. In Salem geht man anders mit der Öffentlichkeit zur Unterbringung um. Hier

Weiterführendes auf der Seite von KOMMUNAL

AGORA-LA hat sich entschieden einen eher literarischen Text zu veröffentlichen, dessen VerfasserIn anonym bleiben möchte, aber der Redaktion bekannt ist.

Von oben herab

Menschen werden verschoben. Seit langem. Dorthin, wo sie weniger stören. An Orte mitten unter uns. Wir fahren an diesen Orten vorbei, sie sind uns nicht unbekannt. Wir können sie sehen. Es gibt Verzeichnisse von diesen Orten. Es sind Orte, die in Listen bekannt gegeben werden. Ganz offiziell. Denn es werden für sie Gebühren verlangt. Die müssen dokumentiert sein. Deshalb haben sie einen Standard, einen Mindeststandard, den keiner genau kennt. Manchmal fehlen Tische und Stühle, an diesen Orten oder Schränke. Stattdessen gibt es ein ungesundes Wohnklima.

Es sind keine Wohlfühlorte, vor allem nicht für Kinder. Es sind Orte, die jederzeit neu geordnet werden können. Auch Menschen werden ihnen zugeordnet. Das wird verfügt. 

Neben diesen Orten gibt es Nachbarschaften. Ein altes Wort. Oben, unten, neben, zwischen….Verhältnisse geben diese Worte an, Verhältnisse zum nächsten Nachbarn. 

So leben sie manchmal unter einem Dach. Den einen wird Obdach gewährt, die anderen wohnen. Diese anderen sprechen manchmal von oben herab. Von oben nach unten. Weil sie ein richtiges Dach über dem Kopf haben. Manchmal sogar von sicheren Balkonen. Von dort können sie fast unsichtbar Ansprachen halten. An die Besucher der Menschen ohne sicheres Dach. 

Die, die von oben herab sprechen, sind die mit dem sicheren Dach. 

Sie scheinen doch schutzlos. Ob sie sich fürchten vor den Menschen ohne sicheres Dach?

Aktualisierung, 9.3.2023, 8.30 Uhr

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