Stampfende Füße
Es war wirklich ein unglaublicher Abend: Das Abschlusskonzert des Klavierfestivals junger Meister im Graf-Zeppelin-Haus in Friedrichshafen.
Es hatte am letzten Sonntag den ganzen Tag über geschüttet. Man kam bei strömenden Regen an, stand im Foyer und blickte durch die großen Fensterscheiben hinaus auf den grauen See, von oben und unten Wasser, aber in der Ferne im Nebel tatsächlich Schloss Montfort in Langenargen.
Bei uns im Festivalzentrum Langenargen im Münzhof hatten die jungen Leute in einem öffentlichen Meisterkurs mit ihren unglaublichen flinken Piano-Händen unter der Leitung von Prof. Jacques Rouvier von der Universität Mozarteum in Salzburg geübt.
Peter Vogel von birdmusic sprach die einführenden Worte, lobte Langenargen als inzwischen etablierten Festivalort, der auch auf die Fürsorge der örtlichen Hoteliers zählen könne. Der vorgesehene Dirigent, Gabriel Venzago fiel krankheitsbedingt aus, dafür dirigierte Hankyeol Yoon aus Südkorea. Es spielte die Südwestdeutsche Philharmonie Konstanz

Das war das Programm mit den SolistInnen: Shaun Choo, Seong-Hyeon Leem, und Xiaolu Zang :
F. Liszt Klavierkonzert Nr. 2 A-Dur
M. Ravel Klavierkonzert G-Dur
S. Prokofjew Klavierkonzert Nr. 2 g-moll op. 16
Das Publikum tobte. Es war eher wie nach einem Rockkonzert: Standing Ovations und stampfende Füße.

Am Ende standen drei junge Musiker mit ihrem Dirigenten auf der Bühne – alle ursprünglich aus dem asiatischen Raum. Das war übrigens Thema des Pausengesprächs: Man fragte sich, ob die jungen Europäer derartige Leistungen nicht vollbringen können. Schnell wird eingeworfen, dass der Musik Drill in diesen Ländern durch überehrgeizige Eltern befördert werde.
AGORA-LA hat bei Peter Vogel nachgefragt.
Die Disziplin in den asiatischen Ländern spiele sicherlich eine gewisse Rolle, aber es gebe dort oft auch bessere Förderprogramme für begabte Kinder und Jugendliche, sagte er in einem Telefonat.
„[. . . ] Die Frage ist, wie es zu dieser Disziplin kommt. Wenn sie sich aus eigenem Antrieb ergibt, aus dem eigenen Wunsch heraus weiterzukommen und über die Verbesserung der eigenen Fähigkeiten, sich neue Horizonte zu erschließen, dann sehe ich es sehr positiv. Es gibt ja auch den anderen Fall: Wenn sehr begabte Kinder nicht gefördert werden, ist das für die persönliche Entwicklung dieser Menschen sehr negativ. Es ist an den Lehrenden und dem persönlichen Umfeld der Kinder und Jugendlichen dafür zu sorgen, dass die persönliche Entwicklung durch die natürliche Neugier und der Freude am Entdecken getragen ist, und nicht durch Druck“, meinte er.
Es gab übrigens mehr TeilnehmerInnen an diesem Festival, die aus dem europäischen Raum stammen als aus dem asiatischen: neben den in Langenargen bereits bestens bekannten Aaron Pilsan aus Österreich und Jacopo Giovannini aus Italien gehören zu den besonderen Neuentdeckungen des Festivals der Deutsche Julian Gast und die Österreicherin Sophie Druml. Über das Osterwochenende waren insgesamt vier SolistInnen mit dem Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim unterwegs, die je zur Hälfte aus Europa und Asien stammen; Sophie Druml und Aaron Pilsan waren hier die Vertreter Europas und die Japanerin Mai Nakamichi sowie der Chinese Xiaolu Zang die Vertreter Asiens.
So sieht es aus. Unser Ort ist also als musikalischer Veranstaltungsort inzwischen eine Marke, ein Alleinstellungsmerkmal für musikalisch hochbegabte junge Leute aus aller Herren Länder. Das deutsche LA der Musik eben. Darauf können wir stolz sein. Das ist etwas Harmonisches, das diesen Ort prägt und das nach außen getragen wird. Morgen Abend geht es bei uns auf dem Schloss gleich weiter (vgl. hier.)
Wenn ein chinesischer junger Mann wie Xialou Zang Prokofjew, der in der Nähe von Bachmut geboren wurde, heute seine Musik so spielt, dann geht einem an einem solchen Abend so manches durch den Kopf, wenn man nach Hause fährt.
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