Recherche-Splitter

Kommunale Selbstverwaltung

Es sind immer wieder aufwändige Recherchen zu kommunalpolitischen Ereignissen, die sich AGORA selbst auferlegt, um mögliche Hintergründe zu manch diffizilem Thema für die  Leserschaft zu eröffnen. Dabei bleiben “Recherche-Splitter” übrig.

Ein solcher Splitter ist die im Grundgesetz festgelegte „kommunale  Selbstverwaltung“. Sie  kennen das vielleicht: man recherchiert, die Google-Seiten stapeln sich unter der Rubrik Ablage mit immer neuen Fenstern und man gelangt weiter zu immer interessanteren Themen.

So beispielsweise die „kommunale  Selbstverwaltung“. Sie ist nicht nur im Grundgesetz festgelegt, sondern auch in der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung von 1988, die schließlich 2013  von allen Mitgliedern des  europäischen Rates unterzeichnet wurde.

Es gab sie eigentlich sogar viel früher, nämlich 1953. Dort wurde offensichtlich der schöne Satz  hinterlegt, dass „jeder Bürger, in der Erkenntnis seiner Verpflichtung als Mitglied der Gemeinde zur Mitarbeit an ihrer gesunden Entwicklung, aktiv am Gemeindeleben teilnimmt“. Damals gab es also schon die Erkenntnis, dass die Partizipation der Bürger*innen verpflichtend sein sollte.

Es  gibt auch ein Gremium, den Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates, der  auf europäischer Ebene sogar über ein Monitoring über die Lokal -und Regionaldemokratie verfügt. 

Das klingt alles recht anspruchsvoll.

Diese Selbstbestimmung befreit die Gemeinden zwar vom Zwang von “oben”, sie bedeutet jedoch, dass eine Kontrolle einer Gemeindeverwaltung ganz unten durch den jeweiligen Gemeinderat mit einer entsprechenden  Mehrheit  erfolgen muss.

Natürlich gibt es eine kommunale Rechtsaufsicht, die in Zweifelsfällen berät, aber bei abweichender Rechtsauffassung hilft am Ende nur das Verwaltungsgericht. Das ist die Grenze der Selbstbestimmung, wenn Unstimmigkeiten ansonsten nicht zu klären sind.

Aber ein Gemeinderat kann und muss dafür sorgen, dass Regeln eingehalten werden. Hat  er Zweifel an Verfahrensabläufen, wie zum Beispiel in der letzten Gemeinderatssitzung die ungeklärte Befangenheit eines Gemeinderates, und kann er seine Kontrollfunktion durch z.B moderierende Gespräche nicht erfüllen, bleibt nur noch der Weg über das Verwaltungsgericht. Eindeutig Stellung bezogen hat die Rechtsaufsicht in ihrer Antwort vom 28.5.2020 auf die Presseanfrage durch AGORA bezüglich der Abstimmungswiederholung in der letzten Gemeinderatssitzung:

Nach § 37 Abs. 6 GemO werden Beschlüsse mit Stimmenmehrheit gefasst. Bei Stimmgleichheit ist der Antrag abgelehnt. Insofern ist rechtlich keine Wiederholung einer Abstimmung bei Stimmengleichheit (Patt) vorgesehen.“

Die Rechtsaufsicht hat allerdings ein Beanstandungsrecht. Die Rechtsaufsicht bestätigt die Gesetzmäßigkeit der Beschlüsse, die nach gesetzlicher Vorschrift der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt werden müssen. Erst dann sind sie zu vollziehen.

Dass es immer wieder zu Unstimmigkeiten in „wohlwollender“ Symbiose zwischen Verwaltung und einer entsprechenden Mehrheit kommen kann, zeigen die vielen Fälle im Umland, die beispielsweise in den kommunalen  Netzwerken aus anderen Gemeinden thematisiert werden. Die Causa Ummendorf aus dem  Kreis  Biberach zur Bauplatzvergabe landete letztlich vor dem Verwaltungsgericht  Sigmaringen, weil im dortigen Gemeinderat zusammen mit der Verwaltung bestimmte Regeln nicht eingehalten wurden.

Die Bürgerschaft in den Gemeinden hat die Wahl. Sie kann natürlich für bestimmte Mehrheiten im Gemeinderat sorgen. Oder Bürgermeister abwählen wie in Spaichingen im Kreis Tuttlingen.

Aber egal wie die Mehrheiten am Ende aussehen, das Ehrenamt, das die Gemeinderäte bekleiden ist anstrengend und es fragt sich, ob es bei der Komplexität der Themen in manchen Gemeinden überhaupt neben  Beruf und Familie auszuführen ist. Diese aufwändige Arbeit der Politiker*innen nach Feierabend auf Dauer zu leisten, erfordert viel Kraft und Idealismus! Das ist nicht nur in LA so.

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Ein Kommentar zu „Recherche-Splitter

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  1. Dies ist im Agorablog zu lesen.:”Aber egal wie die Mehrheiten am Ende aussehen, das Ehrenamt, das die Gemeinderäte bekleiden ist anstrengend und es fragt sich, ob es bei der Komplexität der Themen in manchen Gemeinden überhaupt neben Beruf und Familie auszuführen ist. Diese aufwändige Arbeit der Politiker*innen nach Feierabend auf Dauer zu leisten, erfordert viel Kraft und Idealismus! Das ist nicht nur in LA so.”
    Eier sind aus?
    Nicht nur Zeit, die Beteiligung als Gemeinderat benötigt ebenso bestes Wissen und Gewissen! Statt Hörigkeit muss persönliche Unabhängigkeit stehen! Dies zu erlangen, zu erhalten und zum Wohle aller auszubauen ist echte und verbriefte Aufgabe der Gemeinderäte. Viele sind erwählt, aber nur wenige berufen. Achtet auf Balance und Ausgleich. Wenn ihr nur eine Gruppe füttert, dann kippt der Frieden. Näht eure Taschen zu. Demokratie ist nicht nur einfach Mehrheit. Das Mehrheiten auch viel Böses verursachen können, haben manche von uns noch selbst miterlebt. Deshalb ist für Demokratie vor jeder Entscheidung das echte Gespräch nötig. Der auch kontoverse Austausch ist hilfreich, fördernd und notwendig!
    Gemeinderat sein und Demokratie ist harte echte Arbeit. Wer das scheut sollte sich neu orientieren!
    Nur wenn Entscheidungen durch viel miteinander , manche nennen es offenen Dialog, zu Mehrheiten führen, nur dann darf es Demokratie genannt werden. Hierzu zählt bedingungslose Transparenz. Mit der heutigen digitalen Technik ist es ein Kinderspiel eine Liveübetragung von Gemeinderatssitzungen oder Bürgerversammlungen zu realisieren. YouTube bietet dafür die ideale Plattform an. Wir haben in der Familie einen 17jährigen, der installierte eine Liveübertragung für einen Gottesdienst in ca. 30 Minuten. Persönlich Anteil nehmen heißt lebendig zu sein. Mensch sein. Mit den Menschen sprechen. Verantwortung in die Waagschale legen und gewahr sein! Nicht nur einfach “nahocke und abnicke”. Jeder hat Verantwortung für sein Handeln. Im Staatshaftungsrecht ist die persönliche Haftung für Beamte, Verwaltungsangestellte eindeutig und klar geregelt: Der Beamte haftet persönlich für Fehler seines Handelns! Abgesehen von juristischen Fakten klopft bei manchen mit Blick in den Spiegel das liebe Gewissen an. Ob bezahlt oder ehrenamtlich, es eint alle, dass sie den Dienst an der Gemeinschaft wahrnehmen (sollten). Da gibt es keine Ausreden. Werdet gewissentlich! Schützt nicht nur Schwaneneier, sondern schützt euch und übernehmt Verantwortung. Das gehört zusammen. Nur wer Verantwortung für das Gemeinwohl übernimmt, erlangt echte unabhängige Freiheit. Das wiederum erzeugt echte Gemeinschaft. “Du lebst nicht vom Brot allein!”

    Sprecht nicht so viel .über. andere. Sprecht mehr .mit. anderen!

    Macht es einfach! Beginnt heute damit! Sonst werden auch eure Eier überflutet.

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