Vier gespitzte Ohren

Besser als zwei?

Vielleicht, wenn es um die  Berichterstattung  der Schwäbischen Zeitung vorgestern zur  Versammlung  des Gemeindeverwaltungsverbandes Eriskirch – Kressbronn-Langenargen(GVV E-K-L) vom  6.10.2020 geht. AGORA war dort und hatte bereits hier berichtet. Etwas später lässt nun Andy Heinrich seine Leserschaft an dem Bericht des  Integrationsbeauftragten Mirko Meinel teilhaben. 

Er richtet seinen Blick dabei schon in der Überschrift auf die rein statistische Sichtweise bei  der Unterbringung der Geflüchteten, die in dem Bericht des Integrationsbeauftragten Meinel tatsächlich im Vordergrund stand. So ergänzen sich AGORAs Bericht und seiner. Zwei  Berichterstattungen an zwei unterschiedlichen Veröffentlichungsorten. Das nennt man lokale Pressevielfalt! Aber es hört dann auf, wenn Berichterstattung möglicherweise „ergänzt“ wird. 

AGORA veröffentlicht hiermit eigene Aufzeichnungen zur Dankesrede von Bürgermeister (BM) Enzensperger an das Integrationsteam nach dem Bericht von Meinel.

Ich wollte in diesem Gremium mal ein explizites Lob für alle aussprechen, die mit  Integration befasst sind. Ich glaube, dass wir die Aufgabe insgesamt bisher sehr gut  meistern. Besser als andere, das ist deutlich erkennbar.(…) Klar hat vor einiger Zeit der Eine  oder Andere einiges in der Zeitung  gelesen. Das sind absolute Einzelfälle. Aber im Großen  und Ganzen wird bei uns einfach wirklich gut gearbeitet. Das muss man  einfach mal ganz  klarstellen. Daher herzlichen  Dank und großes  Lob an die ganze Mannschaft.“ Hier endete der Rede-Beitrag. ( Ergänzung AGORA: Von Mannschaft kann hier keine Rede sein. In den Ferien bestand das Team über eine Zeitraum von 2 Wochen aus einer Person für über 300 Geflüchtete. Durch dreimaligen Stellenwechsel in den letzten Jahren gab es Phasen mit nur 2 Mitarbeitern.)

Die folgenden Worte aus dem  Beitrag der  Schwäbischen Zeitung  … „mit Blick auf zwei Online-Blogs, deren Autorinnen die Arbeit des Integrationsteams ständig kritisierten und verfälscht darstellten“ fielen nach  Wahrnehmung von  AGORA nicht. BM Enzensperger hat in der Sitzung keinen Bezug auf die Online- Blogs hergestellt.

Ich habe vorgestern um 13.32 Uhr den Redaktionsleiter und Regionalleiter der Schwäbischen Zeitung, Martin Hennings, dazu  angeschrieben und die folgende  Antwort (Rechtschreibung  so im Original) erhalten:

„Sehr geehrte Frau Krieg,

ich verstehe, das Kritisieren mehr Freude bereitet als Kritik einstecken zu müssen. Wer das mal erlebt hat, der überdenkt möglicherweise, in welcher Art und Weise er andere angreift und versucht bloßzustellen und lächerlich zu machen (ich meine nicht in erster Linie Sie, ich meine vor allem andere Blogs). Im konkreten Fall sagt mein Mitarbeiter, er habe wiedergegeben, was gesagt worden ist. Ich glaube ihm. Auch BM Enzensberger, bei dem ich nachgehakt habe, sieht keinen Grund zur Korrektur. Ich wüsste nicht, was ich nun tun sollte.

Mit freundlichen Grüßen 

Martin Hennings
(Presseantwort Schwäbische Zeitung Redaktionsleiter und Regionalleiter Bodensee Martin Hennings an diese Redaktion am 16.10.2020)

Zunächst fällt auf, dass Hennings offensichtlich zu den privilegierten Pressekontakten von BM Enzensperger zählt. Im Laufe eines Freitagnachmittages bekommt er prompt eine Antwort. Presseanfragen vom  SÜDKURIER  zum Thema Asyl beantwortet der Kressbronner Bürgermeister nicht oder nur zögerlich. Hier ist über die Auskunftspflicht von Behörden gegenüber der Presse nachzulesen. Von Privilegien ist dort keine Rede. Natürlich sieht BM Enzensperger keinen Grund zur Korrektur. Das läuft ihm gut rein. Da kann er sich an dem gestrigen verspäteten  Sommerinterview in der Schwäbischen Zeitung mit Tanja Poimer ohne kritische Fragen zur Asylthematik erfreuen.

Diese Art der Berichterstattung über die GVV-Versammlung ist ein Tiefschlag für für die Glaubwürdigkeit von Tageszeitungen. Aber dafür haben wir ja die Blogs. AGORA freut sich über monatlich wachsende Zugriffszahlen. Auch anderswo überlegt man sich Alternativen.

Warum ist AGORA diese Einordnungen der Berichterstattung so wichtig? Es geht hier nicht um „gekränkte  Eitelkeit“. Die paternalistische Einlassungen von Hennings über mangelnde Kritikfähigkeit seitens AGORA u.a. ist nicht der Punkt. Substantielle Kritik nimmt AGORA gerne entgegen.

Hier geht es um mehr: um eine möglicherweise gesteuerte Berichterstattung, die AGORA aufstößt. Es gibt durchaus seriöse Berichterstattungen, die in den letzten Wochen nach allen Regeln journalistischer Kunst ( Fotos, Interviews mit den Betroffene, Presseanfragen) von anderen Medien wie dem  SÜDKURIER  über die Situation der Geflüchteten im Zuständigkeitsbereich des GVV E-K-L  geliefert wurden. Alles Einzelfälle?

Ganz konkret geht es hier übrigens um Menschen. Um Menschen, die Schutz suchen, um die kleine Familie, die seit Beginn der Woche ein gesundes Baby bekommen hat und noch immer in dem einen Zimmer zu viert haust. Ohne ordentliche Betten und Schränke.

Der neue Transparenzblog der Schwäbischen Zeitung, in dem sich der Redaktionsleiter und Regionalleiter Hennings akademisch über Nähe und Distanz in der Berichterstattung auslässt, hilft da auch nicht weiter. Eher schon Rudolf Augsteins berühmtes Zitat von 1961 im SPIEGEL über die Möglichkeit, die ein Journalist hat, Wirklichkeit zu verändern:”SAGEN, WAS IST”


Aktualisierung, 18.10.2020, 14.09 Uhr

Inzwischen hat Karin Burger hier einen offenen Brief an Martin Hennings geschrieben.

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