Mooser Weg,
Tagesordnungspunkt TOP 5 Hier: “Entscheidung über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach § 21 Gemeindeordnung (GemO) – Erhalt des Naturraums “Höhe” am Mooser Weg als Grünbestand und Entscheidung über die Durchführung eines Bürgerentscheids”
Schon mal ein paar Bilder, TOP 5 wurde mit allen Beschlussvorschlägen einstimmig angenommen. Näheres später.

Hier kommt der Vortrag zum Nachlesen:

Ansprache der Vertrauensleute des Bügerbegehrens für den Erhalt des Naturraums „Höhe“ am Mooser Weg bei der Gemeinderatssitzung von Langenargen am 27.3.2023
Werte Bürgerschaft,
werter Gemeinderat
werte Gemeindeverwaltung von Langenargen
Wir danken Ihnen, dass Sie sich die Zeit nehmen, unsere Argumente für den Erhalt der Wiese am Mooser Weg anzuhören.
Mein Name ist Bernd Wahl. Zusammen mit Moritz Ott und Thomas Brugger sind wir die Vertrauenspersonen für das Bürgerbegehren, welches von einer großen Zahl Langenargener Bürger unterstützt wird.
Bereits 2018 wurde mit einem Bürgerentscheid beschlossen, dass die Fläche am Mooser Weg nicht bebaut werden darf.
Dass nun erneut über dieselbe Frage gestritten wird, finden wir bedauerlich, denn der große Wert des Bürgerentscheids war es ja, für eine strittige Frage einen demokratischen Konsens zu finden.
Einigkeit herrscht aber sicherlich darüber, dass wir sowohl Naturraum, als auch Wohnraum benötigen. Um diese Belange unter einen Hut zu bringen gibt es die Flächennutzungsplanung.
Wir streiten nun aber erneut um eine Fläche, die
- die im Flächennutzungsplan gar nicht für die Wohnbebauung vorgesehen ist.
- die als Ausgleichsfläche den Naturraum nördlich von Langenargen stärken soll.
- die seit 2020 als Streuobstwiese unter besonderem gesetzlichen Schutz steht.
Ob eine Bebauung trotz des gesetzlichen Schutzes rechtlich möglich ist, kann gegenwärtig niemand sagen. Das kann erst später behördlich oder gerichtlich geklärt werden.
Aus diesem Grund kann gegenwärtig auch niemand versprechen, hier könne schnell Wohnraum entstehen.
Doch warum wollen viele Bürger, dass der Naturraum nördlich von Langenargen erhalten bleibt? – dieses grüne Band zwischen dem Bodensee und dem Hinterland.
Warum versucht die Raumordnung (also Regional- und Flächennutzungsplan) diesen Naturraum zusammenhängend zu erhalten,
und warum gibt sie das Ziel vor, dass die freie Landschaft entlang des Bodensees von Bebauung freigehalten werden soll?
Warum fasste der Gemeinderat im Jahr 2000 den Beschluss, die Höhe als geschützten Grünbestand auszuweisen?
Was waren und sind die Zielsetzungen für den Grünbereich nördlich des Mooser Wegs?
Der Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahr 2000 bringt dies auf den Punkt:
Es geht um den Erhalt dieses Naturraums
- als Lebensstätte von Pflanzen und Tieren
- als bedeutenden Erholungsraum
- und als wesentlichen Teil einer landschaftlichen Grünverbindung zwischen Bodensee und Hinterland.
Diese Schutzziele sind heute noch viel wichtiger geworden!
Denn wo stehen wir? – In den größten menschgemachten Krisen:
Klimawandel und Biodiversitätsverlusts sind existenzielle Krisen.
Wir haben hierfür Mit-Verantwortung!
Und wer diesen Hinweis verhöhnt, ignoriert,
- was wissenschaftlich längst belegt ist,
- und was ein schweres Erbe ist für die nächsten Generationen.
Der rapide Rückgang des Artenbestands ist in vielen Studien aufgezeigt und vom Weltbiodiversitätsrat zusammengefasst:
- Die Aussterberate von Tier und Pflanzenarten liegt ein vielfaches höher als je in den vergangenen 10 Mio. Jahren und steigt weiter an.
- 1 Mio. Tier- und Pflanzenarten könnten im Laufe dieses Jahrhunderts für immer verschwinden.
Das Insektensterben schreitet weiter voran und mit ihm der Rückgang bei vielen anderen Arten.
Und in Langenargen? Wo haben wir noch artenreiche Blühwiesen. Wo sieht man den Kiebitz, die Feldlerche, den Trauerschnäpper, die Grauammer oder den Baumpieper.
Arten die bis in die 90er Jahre hier noch heimisch waren – inzwischen sucht man sie vergeblich. Und wer noch einen Wendehals oder Neuntöter vorfindet – lasst es uns wissen.
Wir stecken mitten drin und sind Teil der globalen Biodiversitätskrise.
Die Natur ist im Stress – durch den Verlust an Lebensräumen – und durch den Klimawandel.
Nach wie vor ist der Grünbestand „Höhe“ und sein Umfeld ein strukturreicher und bedeutender Naturraum für zahlreiche, teils streng geschützte Arten.
Es ist ein wichtiger Nahrungs- und Rastplatz für den Vogelzug im Herbst und Winter.
Die Fläche am Mooser Weg hat als Ausgleichsfläche ausdrücklich die Aufgabe diesen Naturraum zwischen Bodensee und Hinterland zu stärken.
Mit der blütenreichen Streuobstwiese, der alten Trauerweide mit Bruthöhlen und der strukturreichen Feldhecke ist sie wichtig für diesen Naturraum.
Mit dem Erhalt dieser Wiese tragen wir dazu bei, dass für Bürger und Gäste erlebbare Naturbereiche erhalten bleiben, welche für die Naherholung aber auch den Tourismus nicht wegzudenken sind.
Die Streuobstwiese am Mooser Weg ist ein solcher für alle gut sichtbarer und erlebbarer Natur-bereich!
Für die Wohnraumplanung haben wir den Flächennutzungsplan, der uns 8,4 ha Wohnbaufläche bietet. Und wir haben seit September eine „Wohnraumbedarfsanalyse“, welche die Diskussion zur Wohnraumentwicklung auf eine fachlich fundierte Grundlage stellt und auf weitere 3,8 ha innerörtlicher Baulücken hinweist.
Wäre es nicht richtig auf dieser Grundlage die weitere Wohnraumentwicklung fortzuführen?
- Der Flächennutzungsplan sieht nördlich des Mooser Wegs keine Wohnbebauung vor. Vielmehr dient die Ausgleichsfläche ausdrücklich dem Schutz von Natur und Landschaft.
- Auch die Wohnraumanalyse kommt zu dem Schluss, dass die Streuobstwiesen nördlich des Mooser Wegs nicht bebaut werden sollen.
Es ist klar, dass die 0,5 ha am Mooser Weg bei Bodenrichtwerten von 950 Euro/qm nicht das Problem lösen, das Langenargen hat.
Es ist zudem kein Problem, das nur Langenargen hat. Viele attraktive Orte, besonders an Seen und Küstenbereichen, erfahren einen hohen Druck im Wohnungsmarkt. Diese Problematik braucht andere Lösungsansätze. Die Wohnraumanalyse zeigt solche auf, aber wir sollten auch schauen, wie dieses Problem in anderen Gemeinden gelöst wird.
Sicherlich zurecht wurde inzwischen öffentlich gefragt, was denn seit 2018 passiert sei?
Warum wurde eine „Wohnraumanalyse“ nicht bereits damals erstellt – obwohl vorgeschlagen. Warum wurde eine Arbeitsgruppe „Wohnen und Bauen“ initiiert – aber nicht weitergeführt.
Wir haben in Langenargen aktuell 4 weitere Bebauungsplanverfahren am Laufen für eine Fläche von rund 7 ha: (3 Verfahren in Oberdorf eines in Gräbenen).
Warum wurde mit Grundeigentümern dieser Flächen nicht oder nicht frühzeitig darüber gesprochen, dass ihr Land bebaut werden soll? Wie kann es sein, dass Planungsbüros beauftragt waren, aber mit betroffenen Grundeigentümern noch nicht einmal verhandelt wurde?
Es geht uns hier nicht darum Verantwortliche zu suchen oder zu benennen.
Vielmehr sollte deutlich werden, dass erfolgreiche Wohnraumentwicklung eine entsprechende Politik erfordert, welche die langjährigen Planungsprozesse konsequent voranbringt.
Die Lösung für die Folgen der Versäumnisse vergangener Jahre ist nicht der vermeintlich leichte Griff in die gemeindeeigenen, schützenswerten Naturbereiche – und darf es auch nicht sein!
Aber es tut sich inzwischen ja auch schon einiges in Langenargen:
Im privaten Bereich wurde und wird nicht unerheblich neuer Wohnraum geschaffen. Insbesondere die 120 „Naturella“ Wohnungen, die in Bierkeller entstehen, sind ein bedeutender Beitrag zum Wohnungsbedarf in Langenargen in dem Segment, in dem Wohnraum besonders benötigt wird. Weitere Wohnungen kommen am Schützenheim hinzu. An der Jahnstraße hat die Gemeinde ein eigenes Grundstück entdeckt, auf dem nun ebenfalls Wohnraum entwickelt wird.
Und auch die Ergebnisse der Wohnraumanalyse tragen bereits Früchte, wie der Berichterstattung zu entnehmen ist.
Und wir sind natürlich gespannt, wie es mit den anderen 4 beschlossenen Bebauungsverfahren weitergeht.
Wir Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens sind für die Entwicklung von Wohnraum.
Und wir sind für den Erhalt und die Stärkung des schützenswerten Naturraums nördlich des Mooser Wegs. Wir sind in Vereinen des Ortes engagiert. Und wir setzen uns im Rahmen dieses Bürgerbegehrens, aber auch in anderen Bereichen für Langenargen ein.
Wir möchten Sie dazu auffordern, die langjährigen Planungsvorgänge konsequent weiterzuentwickeln, nicht nur beim Wohnungsbau, sondern auch beim Schutz und der Entwicklung der Naturräume.
So wird Politik erfolgreich, so ist sie verlässlich und so wird die Gemeinde insgesamt davon profitieren.
Wir appellieren, dass bei diesem strittigen Thema ein sachlicher, ehrlicher und respektvoller Umgang geführt wird.
Wir würden uns freuen, wenn Sie sich – nach reifer Überlegung – für den Erhalt der Streuobstwiese am Mooser Weg entscheiden. Eine solche Entscheidung kann durch den Gemeinderat in dieser Sitzung erfolgen oder natürlich durch die Bürger im Bürgerentscheid.
Kommentar verfassen