„Nichts ist gut in Afghanistan“
Durch den Wahlkampf und das anschließende Gezerre um die Macht bei uns darf man die Situation in Afghanistan nicht vergessen. Daher kommen jetzt einige Erinnerungsaufforderungen zum Thema. Auch LA hat nämlich Geflüchtete aus Afghanistan, die schon länger bei uns wohnen und um ihre Angehörigen in diesem geschundenen Land bangen. Die Mühlen der deutschen Bürokratie mit Blick auf eine Bleibeperspektive mahlen langsam. Lange noch galt Afghanistan als sicheres Herkunftsland. Immerhin gehört Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban nun in die Gruppe der Länder mit guter Bleibeperspektive und es darf nicht mehr dorthin abgeschoben werden.
Hubertus Heil hat jetzt im Alleingang für Abhilfe im Bereich Sprachförderung gesorgt hier. Aber man darf auch nicht die Menschen vor Ort vergessen, deren Stimme kaum noch hörbar ist. Reporter ohne Grenzen (RFS)spricht für sie hier. Der Bittbrief, den AGORA-LA als Mitglied von RFS erreichte, wird daher hier veröffentlicht.

Sehr geehrte Frau Krieg, M.R. (zu ihrer Sicherheit nennen wir nicht ihren vollen Namen) ist eine junge Journalistin aus Afghanistan. Bis zur Machtübernahme der Taliban unterstützte sie von Kabul aus auch deutsche Medien. Jetzt ist M. auf der Flucht, aus Angst um ihr Leben, denn die Extremisten dulden keine weiblichen Medienschaffenden und Journalistinnen. Zweimal fuhr sie mit einem zivilgesellschaftlich organisierten Transport an den Flughafen, zweimal scheiterte die geplante Ausreise nach Deutschland. Schließlich klappte es, M. nach Pakistan zu bringen. Hier wartet sie nun darauf, nach Deutschland weiterreisen zu können. Anders als viele andere afghanische Medienschaffende hatte sie das Glück, dass ihr Name auf einer Liste stand, die Reporter ohne Grenzen rechtzeitig an das Auswärtige Amt übermitteln konnte. Andere dagegen, deren Namen und Daten erst nach einem bestimmten Stichtag weitergegeben werden konnten, sehen sich vor einer ungewissen Zukunft. Täglich erreichen uns Dutzende weitere Hilferufe von afghanischen Journalistinnen und Journalisten, die um ihr Leben fürchten. Unser kleines Berliner Nothilfeteam, das eigens für die Bearbeitung der Anfragen durch Honorarkräfte aufgestockt wurde, setzt sich Tag und Nacht dafür ein, die gefährdetsten Medienschaffenden außer Landes zu bringen. Diese Arbeit stellt einen enormen Kraftakt dar. Deswegen freuen wir uns über jede und jeden, für die wir dies möglich machen konnten und werten dies als persönlichen, kleinen Erfolg. Diese Freude wird aber immer durch das Wissen getrübt, dass Hunderte weitere noch auf Hilfe hoffen. Und unsere Unterstützung endet nicht in dem Moment, wo Medienschaffende sicheren Boden erreicht haben. Unsere Arbeit für Journalistinnen und Journalisten in Not geht weiter. Zum Beispiel gilt es die Ankunft zu organisieren, bei Behördengängen zu unterstützen, im Idealfall eine Redaktion zu finden, bei der der Journalist oder die Journalistin andocken kann. Denn unser erklärtes Ziel ist es, dass Medienschaffende auch im Exil weiterhin ihrer Profession nachgehen können.Bitte unterstützen Sie unsere weltweite Arbeit für Medienschaffende in Not mit einer Spende oder indem Sie Mitglied werden. Wir werden uns weiterhin mit all unseren Kräften dafür einsetzen, afghanischen Journalistinnen und Journalisten auf allen uns möglichen Wegen zu helfen. Mit freundlichen Grüßen Ihre Katja Heinemann Teamleitung Nothilfe und Stipendien |
Nie war die Arbeit von Reporter ohne Grenzen wertvoller. Schaut man in die Medienlandschaft in unserer näheren Umgebung, z.B. nach Österreich oder auf die Julian-Reichelt-Affäre hier, dürfte klar sein, dass die Pressefreiheit auch in weniger fernen Ländern bedroht ist. Daher ist es wichtig, dass der diesjährige Friedensnobelpreis einer Journalistin verliehen wurde: “Jetzt geht es um alles!”
Trotzdem wünscht AGORA-LA einen schönen Sonntag!
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