Freie Wählervereinigung (FWV)
Es ist üblich, dass die Reden der Fraktionsvorsitzenden zur Haushaltssatzung in der Reihenfolge der Größe ihrer Fraktion entsprechend gehalten werden. So begann also gestern die Fraktionsvorsitzende, Susanne Porstner, mit ihrer Rede zur Haushaltssatzung 2023 mit dem Haushaltsplan der Gemeinde in 2. Lesung (vgl. hier TOP 9), die AGORA-LA zugesandt wurde:

Wir leben in schwierigen Zeiten
Wie schon in den Vorjahren ist die Haushaltsplanung 2023 mit unvorhersehbaren Entwicklungen und großen Unsicherheiten verknüpft.
Zuerst beeinflusste die Corona Pandemie und seit einem Jahr der Krieg in der Ukraine die Wirtschafts- und Finanzlage weltweit. Die Auswirkungen spüren wir bis in die Kommunen. Niemand kann momentan vorhersagen, wie sich unsere wirtschaftliche Situation
– und dabei insbesondere die Sicherheit der Energieversorgung, die Energiepreise, die Versorgungslage mit gestörten Lieferketten und -engpässen und die Inflationsrate mit gestiegenen Preisen – angesichts des anhaltenden Krieges in der Ukraine weiterentwickelt.
Dazu kommen wachsende Flüchtlingszahlen. Im vergangenen Jahr sind so viele Flüchtlinge nach Deutschland gekommen wie nie zuvor seit der Gründung der Bundesrepublik.
Für diese Menschen braucht es auch längerfristig Wohnraum und Betreuung, ihre Kinder benötigen Kindergarten- und Schulplätze.
Fast schon in den Hintergrund gedrängt wird die Klimakrise.
Sie erfordert ihrerseits dringend große Anstrengungen, um dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen.
Die Kommunen stehen neben der Erfüllung ihrer Kernaufgaben vor großen, vielfältigen Herausforderungen, die sie an die Grenzen des Leistbaren bringen.
Es häufen sich die Klagen, dass Bund und Land die Kommunen immer stärker be- und zunehmend überlasten, ohne aber eine entsprechende bessere Unterstützung.
Ein ständiges Immer-mehr wird auf Dauer nicht funktionieren.
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Was bedeutet das für Langenargen im Jahr 2023?
Der vorgelegte Entwurf zum Haushaltsplan zeigt trotz aller Unwägbarkeiten eine solide Basis, auf der wir gemeinsam unsere Gemeinde weiterentwickeln können.
Trotz schwieriger Rahmenbedingungen ist es möglich und notwendig, in die Zukunft zu denken und zu planen.
Stillstand können und wollen wir uns auch und besonders in Krisenzeiten nicht leisten. Wir sollten die Krise als Chance sehen und uns auf die für Langenargen wichtigen Schwerpunkte bzw. realisierbare Projekte konzentrieren.
Vorsichtig optimistisch sind wir, weil der Haushaltsplan 2023 den Haushaltsausgleich mit einer „schwarzen Null“ erreicht und das noch ohne eine Erhöhung von Entgelten, Gebühren oder Steuern.
Den im Vergleich zum Vorjahr um rund 5% gestiegenen Aufwendungen in Höhe von 28.794.500€ stehen gestiegene Erträge in der gleichen Höhe gegenüber.
Größte Einnahmequelle der Gemeinde ist nach wie vor die Einkommenssteuer mit rund 6,2 Mio €. Die für 2023 angenommenen Erträge übertreffen das bisherige Rekordjahr 2020.
Die Gewerbesteuer als zweitwichtigste Einnahme zeigt trotz der Krisen weiterhin keinen Einbruch. Darüber können wir als Kommune natürlich nur froh sein.
Bei den Ausgaben stehen die weiter gestiegenen Personalkosten mit rund 5,8 Mio € an erster Stelle.
Um die zunehmenden Aufgaben gut zu bewältigen, braucht es aber Mitarbeiter in ausreichender Zahl, in der Kinderbetreuung, der Verwaltung, im Bauhof usw.
Schon gibt es Gemeinden, die ihre Standards überdenken und reduzieren , z.B. werden in Kindergärten Betreuungszeiten und -angebote gekürzt oder mehr Kinder pro Gruppe aufgenommen.
Auch für die Integration der Flüchtlinge bräuchte es mehr Mitarbeiter, dies wurde deutlich im Bericht des Integrationsbeauftragten.
Das Personalthema wird bleiben und uns die nächsten Jahre weiterhin beschäftigen.
Um 21% auf 3,7 Mio€ steigen deutlich die Kosten für Sach- und Dienstleistungen. Gebäudebewirtschaftung, Gebäude- und Liegenschaftsunterhaltung, Straßen, Straßenbeleuchtung und Fahrzeuge haben ihren Preis.
Dabei haben wir noch großes Glück: unsere Strom- und Gaslieferverträge laufen bis Ende 2024, so dass wir momentan keine höheren Preise für die Energieversorger zahlen müssen. Die Preisentwicklung lässt sich jedoch nicht vorhersehen.
Zu den weiteren Ausgaben zählen Nettoabschreibungen in Höhe von ca 1,2 Mio€ , Zinsaufwendungen für Kreditaufnahmen, Finanzausgleichsumlage, Kreisumlage, Gewerbesteuerumlage, die Übernahme des Verlusts des Fremdenverkehrsbetriebes , Umlagen an Zweckverbände und die Übernahme des Abmangel Stiftung Hospital zum Heiligen Geist in Höhe von 600.000€
Aufgabenmehrungen sind laut Kämmerer sehr kritisch zu betrachten. Sie sind die Stellschrauben, an denen wir drehen können, während sich die Einnahmen großteils unserem Einfluss entziehen.
Welche Investitionen sehen nun auf der Agenda?
Von den rund 3,8 Mio €, die im Haushaltsplan 2022 für Investitionen vorgesehen waren, wurden ca 2,1 Mio eingesetzt. Die restlichen Gelder stehen in diesem Jahr weiterhin zur Verfügung.
Neu sieht der Finanzhaushalt 2023 Investitionen von 5,8 Mio € vor.
Der vorläufige Kassenstand betrug Ende 2021 5,1 Mio€, 2022 1,5 Mio €.
2023 wird er sich um weitere 1,1Mio € reduzieren und liegt Ende des Jahres bei voraussichtlich 400.700€ und damit immer noch über dem geforderten Mindestbetrag. Um die vorgesehenen Investitionen tätigen zu können, muss die Gemeinde Kredite in Höhe von 3,3 Mio € , mit den Eigenbetrieben insgesamt 5.570.000€ aufnehmen.
Der Gesamtschuldenstand einschließlich Eigenbetrieben würde bei Aufnahme aller Kredite von rund 4,7Mio € auf 10,1 Mio € ansteigen, davon wären ca 1,9 Mio Trägerdarlehen von der Gemeinde.
Das größte Projekt der nächsten Jahre, das endlich angegangen werden kann, ist der Neubau des Feuerwehrhauses.
Für das Schloss sind Gelder für die Sanierung der Fenster und für Barrierefreiheit eingestellt.
Weiter wird in die Digitalisierung der Musikschule, der Turn- und Festhalle, des Lehrschwimmbeckens und der Ämter der Verwaltung investiert.
Für Grunderwerb sind 1Mio € vorgesehen. Gespräche mit Grundstückseigentümern wurden und werden geführt und wir alle hoffen, dass es gelingt Grundstücke für Wohnbebauung in kommunales Eigentum zu bekommen
Die Feuerwehr bekommt ein neues Fahrzeug.
Für Katastrophenschutz werden Notstromaggregate angeschafft. Neue Parkscheinautomaten schlagen mit 150.000€ zu Buche.
Begonnen werden soll mit der Sanierung beim Rathaus und beim Sportzentrum.
Auch für das DLRG-Heim sind Gelder eingestellt, ebenso für den Kunstrasenplatz des FV Langenargen.
Die Vereine warten hier schon länger auf einen Startschuss.
Das Signal der Unterstützung durch die Gemeinde ist wichtig für das Gefühl der Wertschätzung der Vereine. Ihre Arbeit ist ein wesentlicher Stützpfeiler des gesellschaftlichen Miteinanders.
Bei den Eigenbetrieben wird investiert in Abwasserpumpwerke, Regenrückhaltebecken und in den Zweckverband.
Größte Posten beim Fremdenverkehrsbetrieb sind die Sanierung der Tiefgarage sowie die Sanierung der Ufermauer.
Die letzten Jahre haben gezeigt, dass es eigentlich unmöglich ist, so viele Projekte in einem Haushaltsjahr zu bearbeiten.
Erwartungen wurden eventuell geweckt, die nicht so schnell zu realisieren sind. Bürokratie, Personalmangel, Lieferschwierigkeiten, verzögerte Prozesse beließen manche geplante Maßnahme in der Warteschleife.
Projekte konnten nicht oder nicht so schnell umgesetzt werden und wurden verschoben. Eine gewisse realistische Ernüchterung ist eingekehrt, nachdem vor einigen Jahren noch von einem Haushalt der Superlative mit einem Feuerwerk an Investitionen gesprochen wurde.
Unsere Aufgabe wird sein, Prioritäten zu setzen und abzuwägen, was dringend nötig ist, was warten kann und was vielleicht nur „nice to have“ wäre.
Vielleicht müssen wir auch einen gewissen Verzicht üben.
Nicht alles, was wünschenswert wäre, ist auch finanzierbar.
Bei dieser Fülle von möglichen Investitionen muss uns immer bewusst sein, dass steigende Investitionen steigende Abschreibungen nach sich ziehen und für die erforderlichen Kredite auch die Zinsaufwendungen steigen.
Diese hohen Abschreibungen müssen im Ergebnishaushalt auch weiterhin ausgeglichen werden können, um dem Prinzip der Generationengerechtigkeit zu entsprechen.
Was sind unsere Hauptanliegen?
Energie
Energie zu sparen, die Energiekosten zu senken, regenerative Energien zu nutzen und die lokale Energieversorgung auszubauen ist oberstes Gebot und ein ganz wichtiges, generelles Ziel. Dazu hat der Gemeinderat ein energiepolitisches Arbeitsprogramm beschlossen.
Liegenschaften der Gemeinde wurden mit PV-Anlagen ausgestattet, Straßenlampen auf LED umgerüstet und ihre Einschaltdauer reduziert, E-Ladesäulen werden weiter ausgebaut.
Die Gemeinde hat hier Vorbildfunktion. Wir wollen weiter investieren, damit der Energieverbrauch gesenkt werden kann.
Über Freiflächen- und Agri- PV- Anlagen sollten wir nachdenken.
Weitere Chancen böten ein Nahwärmenetz bis hin zur Nutzung von Seewärme.
Das Interesse der Bürger an diesen Themen ist groß, hier sollten wir informieren und die Bürger mitnehmen. Nur gemeinsam können wir die Energiewende voranbringen.
Wohnraum
Der Wohnungsmarkt ist so angespannt, dass junge Familien wegziehen müssen. Mieten sind auf Rekordhöhe, Bauland momentan nicht vorhanden. Hier müssen wir als Kommune bestmöglichst entgegenwirken und neue Konzepte entwickeln, sei es Erbpacht oder serielles Bauen wie vom Bund propagiert wird. Die kommunalen Wohnbauprojekte in Mühlstraße und Jahnstraße sind ein erster kleiner Schritt.
Die Wohnraumbedarfsanalyse hat in ihrem optimistischen Szenario gezeigt, dass bis 2035 320WE gebraucht werden, davon mehr als 100 WE in 1-2 Familienhäusern.
Die gemeindeeigene Fläche am Mooser Weg sieht die FWV als Chance, Bauland anzubieten.
Ebenso steigt mit der demographischen Entwicklung der Bedarf an seniorengerechten Wohnungen. Auch hier brauchen wir vielfältige Lösungen.
Die Unterbringung Geflüchteter stellt uns vor ein weiteres Problem, dem wir uns dringend stellen müssen. Viele Flüchtlingen werden längerfristig bleiben. Das Thema Zuwanderung bleibt ein zentrales Thema, das uns die kommenden Jahre weiterhin beschäftigt.
Unsere Nachbargemeinde Kressbronn plant eine Flüchtlingsunterkunft für bis zu 42 Menschen, Bruttokosten 2,8 Mio €.
Dass wir uns auch für das Jahr 2023 solide aufstellen werden, ist nicht nur ein frommer Wunsch, sondern basiert auf dem Vertrauen in die konservative Haushaltsplanung unseres Kämmerers, Herrn Kowollik und seinem Team.
Sie schauen nicht nur auf unsere Einnahmen, sondern haben besonders ein wachsames Auge auf unsere Ausgaben.
Überhaupt gilt unser Dank allen Mitarbeiter*innen der Verwaltung, die durch ihre engagierte Arbeit unter teils schwierigen Voraussetzungen Langenargen weiterentwickeln. Dem Dank der Verwaltung an die Unternehmen und an alle BürgerInnen von Langenargen schließen wir uns gerne an!
Die FWV stimmt dem Haushaltsentwurf 2023 zu.
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