Andrang auf dem Friedhof

1250-Jahrfeier

Da hätte am letzten Sonntag vermutlich wohl jeder Pfarrer oder jede Pfarrerin gejubelt: Über den überwältigenden Andrang der Menschen, die vor und in der St. Anna-Kapelle dem Vortrag von Reinhard Schick lauschen wollten. Glücklicherweise konnte die große Menschenmenge draußen per Lautsprecher den Worten des Vortragenden folgen. Es kursierte eine Zahl von ungefähr 200 Teilnehmern. So ging es bei dem Hock am Friedhof wieder um die Geschichte unseres Ortes anlässlich der 1250-Jahrfeier von LA. Gegessen und getrunken wurde natürlich auch. 

Reinhard Schick

Die St. Anna -Kapelle hat eine wechselvolle Geschichte. Im Jahr 770 – das wissen wir bereits (vgl.hier und hier)- wurde „Villa Arguna“ erstmalig urkundlich von dem Kleriker Hadupert erwähnt.

Sehr eindrücklich ließ sich der Grundriss der spätgotischen Kirche (1442 auf Veranlassung von Pfarrer Jodock Geßler neu erbaut) mit dem Altarschrein von Hans Strigel.d. J. – heute in der Staatsgalerie Stuttgart sicher verwahrt-für die Zuhörerschaft nachvollziehen. Er wurde auf dem Boden nachgezeichnet. Dort konnte man sich auch die Lage des ehemaligen Turmes (vom Eingang aus auf der linken Seite) gut vorstellen. Eine gute Idee! 

Geschickte Linienführung in die Vergangenheit

Eine kleine Anekdote am Rande: Es gibt in der Kappelle St. Anna eine Leiter, nichts Historisches. Aber Reinhard Schick ist diese Leiter in seiner Jugend voll Neugier hoch geklettert. Was er damals dort zu sehen bekam, lässt ihn heute noch erschauern: Menschliche Skelette! Inzwischen ist die Luke zu dem Dachboden geschlossen- und die Gebeine hoffentlich ordentlich beigesetzt.

Himmelsleiter
Restaurierte Epitaphien

Noch im Innenraum- für die draußen Stehenden nicht zu sehen-erzählte er von einer Axt von 4500 v.Chr., ein Fundstück der Familie Lanz, die gegenüber im Kaplaneihaus wohnt. Sie hatte die Axt seiner Zeit beim Umbau ihres Hauses gefunden. Am Abend zuvor wurde sie Reinhard Schick als Leihgabe für den Tag erreicht. Normalerweise sind diese neolithischen Funde in jedem großen Museum als Leitform des Neolithikums zu sehen. Man geht dort eher achtlos daran vorbei. Nicht so bei diesem Fundstück. Schließlich kommt es  aus Langenargen, und dann noch zur 1250-Jahrfeier! Es sollte daher den Besuchern natürlich nicht vorenthalten werden, wenngleich die Axt natürlich nicht in den Sakralbau St.Anna gehörte.

Fundort: gegenüber von St.Anna im Kaplaneihaus
Infotafel: Was man so alles im Keller finden kann

Nach Reinhard Schicks Erklärungen zum Innenraum, die die Barockisierung der Kirche im 17.Jahrhundert und knapp 20 Jahre später ihren Abbruch thematisierte, ging es hinüber zum Kaplaneihaus und weiter in die St.Anna Straße zum Alten Pfarrhaus.

Dort wurde die Nähe zu der ehemaligen gotischen Kirche durch die angrenzende Friedhofsmauer deutlich. Kein Wunder, dass der damalige Pfarrer von Alt-St. Martin nicht entzückt war, dass die offensichtlich bewegungsfaulen Adligen vom Schloss seine Kirche 1718 einfach wieder abbrechen ließen, ihre Steine für den Neubau wieder verwendeten und den Chor wie ein abgeschnittenes Stück Kuchen einfach stehen ließen. Nur damit sie es vom Schloss aus näher hatten. . . Aber heute muss man sagen, dass beide Bauten, Schloss und Kirche zusammen ein schönes Bild ergeben.

Info-Tafel Altes Pfarrhaus
Montfort-Wappen

Übrigens verwies Reinhard Schick im Zusammenhang mit dem Alten Pfarrhaus noch auf die Bauten in der Unteren Seestrasse hin. Auf das Morandellhaus samt gegenüberliegendem Schuppen beispielsweise, das in der Ausstellung hier „Zwischen Schlosspark und Zitronengässle“ als Heimat von Bruno Morandell erwähnt wird. 

Haus Morandell

Schuppen Morandell

Reinhard Schick meinte, es sei leider zu befürchten, dass beide Gebäude, die nicht denkmalgeschützt sind, und doch die Vergangenheit von Langenargen dokumentieren, irgendwann verschwunden seien. (Anm. AGORA-LA: Thema in der AUT-Sitzung nächste Woche, vgl. hier)

Er erntete großen Applaus am Ende seines Vortrages und war im Anschluss für Nachfragen seiner interessierten Zuhörerschaft offen. Man bestaunte die neolithische Axt, schoss Fotos, durfte sie mit Handschuhen berühren und traf sich schließlich wieder bei allerlei Schleckereien in flüssiger und fester Form.

Hatte man zuvor wegen des pietätvollen Ortes am Friedhof eher skeptisch auf die Veranstaltung geschaut, so muss man nun feststellen: Es hat alles gepasst!

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