Bilder im Kopf

Zwar kenne ich im Ried seit dem Frühjahr aus dem ersten Lockdown fast jeden Grashalm, aber es gibt trotzdem immer wieder, besonders im Winter, Neues zu entdecken. Es ist ein Privileg, ein solches Naturschutzgebiet in der Nähe zu haben.
Ein Gang durch das Ried ist wunderbar, um abzuschalten, um beispielsweise die Bilder aus den USA am Tag danach aus dem Kopf zu bekommen. Bilder, die von vielen Seiten kommentiert wurden. Die Kommentare müssen an dieser Stelle nicht wiederholt werden.
Auf dem Weg der Entspannung zum Eriskircher Strandbad, dessen Tore im Winter für die Spaziergänger offen stehen, weisen Schilder der Gemeinde Eriskirch die Spaziergänger auf die nötigen Abstandsregeln im gesamten Ried hin. Beim genaueren Hinsehen jedoch sind diese zum Teil mit Aufklebern versehen, die wohl von einer sog. „Bundeszentrale für plandemischen Alarmismus“ zu verantworten sind. ( Anm.: Diese Verlinkung nimmt AGORA nur zum Zwecke der Aufklärung vor) Ein ordentliches Impressum mit den Verantwortlichen findet man auf den ersten Blick nicht. Diese Aufkleber hat es bereits in anderen Orten Deutschlands gegeben.
Die Bilder werden auf AGORA nicht veröffentlicht. Der Text: „ Wenn ich erwachsen bin, bleibe ich paranoid”, Jasmin, 12 Jahre. Oder: „Wenn ich mal groß bin, werde ich Impfstoff-Proband”, Luisa, 5 Jahre. Besonders skandalös ist, dass zum Zwecke der Verbreitung von solchen Statements Kinder abfotografiert werden.
Angesichts der verstörenden Bilder aus den USA, die beispielsweise einen tätowierten Mann zeigen, der in der QAnon-Bewegung anzusiedeln ist, hält es AGORA für nötig auch bei uns immer wieder über den Missbrauch der Meinungsfreiheit aufzuklären. Vor allem dann, wenn solche „Pseudoinstitutionen“ offizielle Schilder der Gemeinde Eriskirch bekleben. Also doch kein Entspannungsspaziergang.


1.Aktualisierung: Die Aufkleber wurden entfernt, 9.1.2021, 17.57 Uhr

AGORA hat bei der Gemeinde Eriskirch nachgefragt. Hauptamtsleiterin Elke Müller war dankbar für den Hinweis und wird der Sache nachgehen.
Was hat Eriskirch nun mit den Bildern vom Capitol in Washington zu tun?
Hier wie dort werden Menschen mit „toxischen Erzählungen“ geimpft. Die Pandemie ist ein gefundenes Fressen für Akteure bewusst gelenkter Desinformationen. Verschwörungstheoretiker, sog. Querdenker in einer Allianz mit Rechten und anderen Gruppierungen bilden eine Melange, die zuletzt auch bei uns am See angekommen war. Hier. Am Dreikönigstag gab es ein einen „ Dreikönigsmarsch” in Überlingen.

Auf der Suche nach „Wahrheit“ treten in den Tiefen des Internets Akteure auf, die ihre Anhänger zur Melodie ihres Flötenspiels wie Rattenfänger hinter sich herlaufen lassen. Lokal und global. Auf ihrem Notenblatt stehen Desinformation und Fake News, die sie als Spieler von diesem Blatt zu ihrer Flötenmusik verbreiten. Auf diese Weise gelangten sie auch in die Ohren der Stürmer des Capitols im fernen Washington. Pikanterweise werden sie dort durch einen amerikanischen „President non elect” verbreitet, der seinen Anhängern sogar die lauten Flötentöne beibringt und in den letzten Tagen seiner Amtszeit einhämmert, dass man ihnen die Wahl gestohlen habe. In dem Fall war es gezielte verbale „Bewaffnung”, die die Menschen zu diesem Mob hat werden lassen.
Wenigstens hat man ihm jetzt sein Instrument aus der Hand genommen: Sein Twitter-Account wurde dauerhaft gesperrt hier.
Diese Rattenfänger beabsichtigen, bewusst Falschinformation zu verbreiten, um Menschen zu verunsichern und sie so in ihre Richtung zu steuern. Das ist der Preis der Kommunikationsmacht in Händen des Individuums im Internet, das direkt auch ohne Präsidentenamt von jedem privaten Account Informationen verbreiten kann.
Was hat das nun mit den Aufklebern im Erichskircher Ried zu tun? Deren Verteilung zielt ebenfalls darauf ab, Menschen zu verunsichern. Ich muss gestehen, im ersten Moment war ich auch verunsichert. Diese Anspielung auf die Bundeszentrale für politische Bildung? * Und dann noch auf einem gemeindeeigenen Schild?
*2. Aktualisierung: eine Leserzuschrift hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass wohl eher die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gemeint sein könnte. 9.1.2021, 17.59 Uhr

Dass Eriskirch gestern gerade in der Schwäbschen Zeitung als die im Kreis am stärksten betroffene Gemeinde beschrieben wird, lässt bei dem Thema Verunsicherung aufhorchen. Gibt es dort Zweifler an der Existenz von Corona?
Die Hauptamtsleiterin, Elke Müller, sagt in dem besagten Beitrag der Schwäbischen Zeitung gestern, es ließe sich in Eriskirch kein Grund für den Anstieg der Coronafälle ausmachen. Es gebe keinen speziellen Infektionsherd. Interessant ist die Anmerkung von Müller, dass im Spätherbst zunehmend Schüler aus Eriskirch betroffen gewesen seien, die sich das Virus an weiterführenden Schulen in umliegenden Orten eingefangen hätten. In derselben Ausgabe der Schwäbischen Zeitung liest man über die Verteilung von Flyern im Bodenseekreis durch Maskengegner. Aufgepasst: Die Flöte erklingt! Aber hier geht’s zum Faktencheck von CORRECTIV zu dem Thema. Damit Rattenfänger kein leichtes Spiel haben.

Ergänzung, 9.1.2021, 12.26 Uhr: Die neuen Regelungen in BW ab 11.Januar 2021
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