Geister der Vergangenheit

Nun ist das Interview mit Bürgermeister Münder auch endlich seit gestern in der Printausgabe der Schwäbischen Zeitung zu lesen. Digital war es am letzten Montag bereits in der Schwäbischen plus abrufbar.
Das muss man sich mal vorstellen: Da fragt die stellvertretende Redaktionsleiterin, Tanja Poimer, von der Schwäbischen Zeitung, die genau wie der „Montfort-Bote“ zum Verlag Schwäbische Zeitung GmbH & Co.KG gehört, Bürgermeister Ole Münder nach den schmerzlich vermissten Leserbriefen:
“Eine weitere Kursänderung: Seit Kurzem werden im „Montfort-Boten“ wieder Leserbriefe abgedruckt. Eine Rubrik, die es einige Jahre nicht mehr gab, die aber viele Langenargener schmerzlich vermisst haben. Wie kam es dazu?” Bürgermeister Münder antwortet:„ Mir ist sehr an einer sachlichen und konstruktiven Kritikkultur gelegen. Ein Schritt in diese Richtung ist, dass wir im „Montfort-Boten“ Leserbriefe zulassen.”
Darf er das überhaupt, Leserbriefe zulassen?
Kleine Medienkunde:
Der Montfort-Bote ist zweigeteilt. Es gibt einen amtlichen und einen redaktionellen Teil.


Im amtlichen Teil veröffentlicht die Verwaltung und entspricht dem rechtsstaatlichen Publizitätsgebot. Im redaktionellen Teil werden redaktionelle Beiträge, Anzeigen oder eben Leserbriefe veröffentlicht. Auf deren Veröffentlichung darf kein Bürgermeister Einfluss haben. Weder der neue noch der alte Bürgermeister. Das widerspräche der Pressefreiheit. Wenn in der Vergangenheit möglicherweise zarter Druck auf die Schwäbische Zeitung durch die ehemalige Rathaus-Administration ausgeübt worden wäre, müsste der Verlag Schwäbische Zeitung GmbH &Co.KG sich diesem Druck gebeugt haben. Denn nur die dortige Redaktion allein könnte über die Veröffentlichung von Leserbriefen entscheiden. Verwunderlich ist allerdings, dass in der Vergangenheit die Redaktion des Montfort-Boten auf Nachfrage der Leserschaft zur Nichtveröffentlichung von Leserbriefen häufig nur vage geantwortet hat. Verlagsinterne Umstrukturierungen, Umstellungen im Layout etc. . . .so wurde die fragende Abonnentenschaft vertröstet.
Es hat 2018 ein BGH-Urteil über die Trennung von amtlichem und redaktionellem Teil in Amtsblättern gegeben. Dort heißt es u.a.: „Die gemeindliche Öffentlichkeitsarbeit muss […]auch hinsichtlich Illustration und Layout – als solche erkennbar sein und sich auf die reine Sachinformation über die örtlichen Angelegenheiten beschränken.“

Zu Sachinformationen der Gemeindeverwaltung gehören Leserbriefe nicht. Daher ist es nicht Aufgabe von BürgermeisterInnen über die Zulassung von Leserbriefen im redaktionellen Teil des örtlichen Amtsblattes zu entscheiden. Das dürften Verlag und stellvertretende RedaktionsleiterInnen wissen. Aber vielleicht hat man in der Vergangenheit seitens der Verwaltung mit dem Gedanken gespielt, nur bei Wohlverhalten -sprich: Streichung der Leserbriefe -weiterhin den amtlichen Teil von LA beim Schwäbischen Verlag drucken zu lassen. Amtsblätter können auch woanders gedruckt werden. In Kressbronn war das bis zu ihrer Insolvenz die Firma Seedruck. Jetzt gehört auch der amtliche Teil der „Kleinen Seepost” zu Schwäbisch Media. HIER .
Also noch ein Amtsblatt unter dem Dach dieses Verlagshauses. Der redaktionelle Teil soll in Kressbronn weiterhin von Seedruck herausgegeben werden. Diese amtliche und redaktionelle Aufteilung an zwei verschiedene Firmen gibt es also auch.
Ein Tipp zum Schluss: Wer seinen kritischen Leserbrief nicht unterbringen kann, versuche es doch bei AGORA-LA! Aber: Leserbriefe werden auch hier nicht anonym oder falschem Namen abgedruckt.
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