Kein Sommerloch
Es ist nun schon über eine Woche (9.August 2021)her, dass der Weltklimarat in seinem sechsten Bericht die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur menschengemachten Klimaerwärmung vorgestellt hat. Hier gut zusammengefasst. Es mag Zufall gewesen sein, aber just an demselben Tag hat Bürgermeister Daniel Enzensperger aus Kressbronn seine Presserklärung zum Beitritt der Gemeinde Kressbronn zum Klimaschutzpakt BW veröffentlichen lassen:
Gemeinde Kressbronn a. B. tritt dem Klimaschutzpakt bei
Die Folgen eines weiter fortschreitenden Klimawandels stellen weltweit, aber auch für die Menschen in Deutschland eine ernste Bedrohung ihrer Lebensgrundlagen dar. Um diesen Entwicklungen wirksam entgegenzutreten, bedarf es verbindlicher internationaler und nationaler Initiativen, aber auch konsequentes Handeln im Land und vor Ort. Alle sind dazu aufgerufen, ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Der öffentlichen Hand kommt hierbei eine gewisse Vorbildfunktion zu. Auch die Gemeinde Kressbronn a. B. ist sich dieser Vorbildfunktion gewiss und hat bereits in der Vergangenheit verschiedene Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt. So wurden mehrere kommunaler Gebäude energetisch saniert, Photovoltaikanlagen auf kommunalen Gebäuden zur klimaneutralen Energieerzeugung errichtet, mehrere E-Tankstellen zur Förderung der Elektromobilität im Ort geschaffen, ein Energiemanagementsystem (KomEMS) etabliert oder auch die Straßenbeleuchtung sowie weitere Innenbeleuchtungen in kommunalen Gebäuden auf die energiesparsame LED-Technik umgestellt. Auch in Zukunft möchte die Gemeinde Kressbronn a. B. ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten und bis zum Jahr 2040 eine weitgehend klimaneutrale Verwaltung werden. Mit der Erarbeitung eines ganzheitlichen Klimaschutzkonzeptes für die gesamte Gemeinde soll einerseits der Status Quo und andererseits die möglichen Maßnahmen in den einzelnen Lebensbereichen aufgeführt werden, um handeln zu können. Das Klimaschutzkonzept soll strukturell die gesamte Gemeinde, einschließlich der privaten Bereiche, erfassen. „Mit dem Beitritt zum Klimaschutzpakte zwischen dem Land und den kommunalen Landesverbänden nach dem Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg setzt die Gemeinde Kressbronn a. B. ein klares Zeichen“, so Bürgermeister Daniel Enzensperger bei der Unterzeichnung der Erklärung.
Die Ziele dieses Paktes, die hier nachlesbar sind, lauten:
„Das Land und die kommunalen Landesverbände verfolgen das gemeinsame Ziel, bis zum Jahr 2040 in ganz Baden-Württemberg weitgehend klimaneutrale Kommunalverwaltungen zu erreichen.“
Einordnung:
Natürlich ist so ein Klimaschutzpakt wichtig. Auch LA ist diesem bereits beigetreten. Hier geht’s zu den teilnehmenden Städten Gemeinden und Kreisen.
Aber es wird für Veränderungen im Klimaschutz nicht reichen. Besonders dann nicht, wenn Entscheidungsträger in den Kommunen zu wenig auf ihre großen Themen in der Kommune achten. Oder -wie in Kressbronn geschehen-, wenn sie so lange über den Regionalplan abstimmen, bis das Ergebnis passt, weil der Bürgermeister sich zu Beginn der Abstimmungswiederholung (!)fragt, ob die ursprüngliche Ablehnung des Regionalplans der wahre Wille des Gremiums war. Die Leserschaft erinnert sich sicher.
Die Sitzungsperiode in Kressbronn ging nicht weniger spektakulär zu Ende. In der Gemeinderatssitzung im Juli wurde über die Erweiterung der Betriebe BayWa und Steinhauser beraten. Dabei fiel der Ortsgruppe der GRÜNEN auf, dass die Ausgleichsfläche, die dort eigentlich im Bebauungsplan von 2003 hätte ausgewiesen werden müssen, nicht umgesetzt wurde. Schlimmer noch: Die Fläche wurde versiegelt, ca.100 Bäume nicht gepflanzt. So hieß es in dem August-Newsletter der GRÜNEN Kressbronn.
Um sich nicht nur auf den Newsletter der GRÜNEN Kressbronn zu verlassen, hat AGORA-LA beim Leiter des Fachbereichs Bauverwaltung im GVV, Christoph Metzler, nachgefragt und noch am selben Tag (2.08.2021 ) die folgende Antwort bekommen:

Sehr geehrte Frau Krieg,
vielen Dank für Ihre Anfrage, gerne beantworten wir Ihnen die gestellten Fragen:
Zunächst darf festgestellt werden, dass die Gemeinden aufgrund Ihrer Planungshoheit das Recht und auch die Pflicht haben beim Vorliegen eines öffentlichen Interesses Bebauungspläne aufzustellen. Die Gemeinden sind aber nicht nur für deren Aufstellung zuständig, sondern haben im Grundsatz auch darauf zu achten, dass die Festsetzungen auch tatsächlich eingehalten werden. Nur wenn die jeweilige Gemeinde dieser Pflicht nicht nachkommt, muss die Untere Baurechtsbehörde hier einschreiten, wenn es das öffentliche Interesse erforderlich macht.
Im konkreten Fall gab es Mitte Juli 2021 nun die Anfrage per Email von der Ortsgruppe der Grünen Kressbronn a. B., wann die Untere Baurechtsbehörde des Gemeindeverwaltungsverbandes Eriskirch-Kressbronn a. B.-Langenargen eine Überprüfung und Umsetzung des Bebauungsplanes „Erzeugermärkte“ in Bezug auf die Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt habe, da eine eigene Überprüfung von Soll und Ist Zustand ergeben habe, dass diese nicht entsprechend umgesetzt worden seien. Anlass dieser Überprüfung sei die Tagesordnung der nächsten Gemeinderatssitzung gewesen, da hier eine Änderung des Bebauungsplanes anstehen würde.
Hierauf wurde zunächst geantwortet, dass diese Anfrage doch etwas zu unbestimmt sei, man bat um eine Konkretisierung der Angelegenheit, damit die Anfrage auch beantwortet werden könne. Gleichzeitig wurde darum gebeten, den Empfänger eines etwaigen Gebührenbescheides zu nennen, da die Anfrage als Anfrage nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz gewertet wurde.
In einer weiteren Email der Ortsgruppe wurde die Anfrage in eine Feststellung umformuliert, weshalb die Angelegenheit für den GVV Eriskirch-Kressbronn a.B.-Langenargen in Bezug auf die Ortsgruppe der Grünen Kressbronn a. B. erledigt war.
Mit der Gemeinde, in Person von Herrn Feick, wurde natürlich Kontakt aufgenommen, dabei wurde von der Gemeinde bestätigt, dass sie selbst schon festgestellt hatte, dass hier etwas nicht stimmen würde. ( Hervorhebung AGORA-LA) Der GVV hat die Gemeinde darauf hingewiesen, dass diese Ausgleichmaßnahmen im anstehenden Änderungsverfahren entsprechend umzusetzen seien. Die Gemeinde hat bejaht, dass sie das tun würde. Somit wurden allen Kontrollpflichten, welche die Untere Baurechtsbehörde des GVV Eriskirch-Kressbronn a. B.-Langenargen im konkreten Fall auszuführen hatte, nachgekommen.
Sollten Sie weitere Fragen haben, können Sie sich gerne nochmals an uns wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Metzler
Fachbereich Bauverwaltung
Da hat man doch tatsächlich festgestellt, dass hier etwas nicht stimmen würde. Was wäre passiert, wenn keiner nachgefragt hätte?
Wenn dann noch in diesen Tagen des Sommerlochs zu allem Überfluss die eindrucksvolle Stellungnahme vom NABU Langenargen und vom BUND Kressbronn zum Hotelbau auf dem Bodan-Werftgelände veröffentlicht wird, die nicht nur den Bau im Hochwassergelände kritisiert, dann wirkt doch die Presseerklärung von Bürgermeister Enzensperger zum Klimapakt BW etwas putzig. Vielleicht ist es eher ein Greenwashing-Akt vor der Bundestagswahl. Oder die zartgrüne Duftmarke vor der Bürgermeisterwahl im nächsten Jahr in Kressbronn.

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