Denk mal!
Es war eine gut besuchte Veranstaltung: Die Führung für die interessierte Bürgerschaft über die Baustelle am Schloss. Die Veranstaltung war ausgebucht und ermöglichte den BesucherInnen einen Blick in die denkmalpflegerische Arbeit, die so aus der Ferne gar nicht wahrzunehmen ist. Bürgermeister Münder begrüßte die BesucherInnen, musste jedoch dann zu einem anderen Termin. Dafür blieb Tourismusleiter, Alexander Trautwein, zu dessen Aufgabenbereich das Schloss gehört. Hier geht’s zur aktuellen Info im Montfort-Boten über den Stand der Pächtersuche. Darum kümmert sich der Tourismusleiter ebenfalls.

Den beiden Vortragenden, Georg Kieferle (Gutachter Stein, aktuell Fachbauleiter im Team) und Albrecht Weber lag ihr denkmalpflegerisches Architektenherz sozusagen auf der Zunge. Bereitwillig gaben sie Auskunft und erklärten jede Frage geduldig. Begonnen wurde natürlich am Schlosstor.

Für jeden sichtbar die abgeplatzte Oberfläche an den Pfosten des Tores, denen zur Sicherung eine Art Korsett verpasst worden war. Was ist das für ein Stein, an dem der Zahn der Zeit so sichtbar genagt hat? Er kommt aus den Steinbrüchen aus der Schweiz, sozusagen aus Übersee: Der Rorschacher Sandstein. Aus diesem Naturstein wurden in der Region Bodensee über Jahrhunderte einige historische Gebäude, u.a. das Konstanzer Münster, gebaut.
Aber leider ist dieser Sandstein als Sedimentgestein aus Sandstrandzeiten eines Flachmeeres des Miozäns im Bodenseeraum anfällig für thermische Veränderungen, für Wärme im Wechsel mit Kälte und Feuchtigkeit. Deshalb sehen die Torpfosten so aus. Aber es gibt Materialersatz und damit ein Face-Lifting: Den Bollinger Sandstein. Er ist eher verwitterungsbeständig und hat aufgrund seines Vorkommens keine Lagerschichten. Er darf in Absprache mit dem Denkmalschutz am Schloss zukünftig dort, wo der Rorschacher allzu marode ist, verbaut werden. Der Denkmalschutz, der auch Geldgeber ist, wacht nämlich darüber, dass bei einer Restaurierung möglichst die ursprünglichen Materialien und Farben verwendet werden. In unserem Fall ist der Spagat zwischen Denkmalpflege und längerfristigem Erhalt gelungen: Der Bollinger ist erlaubt. Gut für den Geldbeutel der Allgemeinheit-dann müssen kommende Generationen hoffentlich nicht so schnell wieder für Renovierungen so tief in die Tasche greifen.
Das nächste Ziel des Rundganges war der Erker in der Schlossmauer, zumindest das, was davon übrig ist. Dort konnte man einen Blick in die Tiefe wagen und feststellen, dass das Konstrukt mit der Bodenplatte eine recht kippelige Angelegenheit aus der Vergangenheit ist. Sie wird nun durch Stahlträger verstärkt und ist damit sicher.


Stahlkraft beendet die Kippelei


Die offensichtlich durch Vandalismus entstandene Lücke in der Mauer wird ebenfalls durch einen neuen Bollingerstein geschlossen. Der Fels in der Brandung ist inzwischen gehoben worden, war jedoch nicht mehr zu gebrauchen.




Ja, und wie ist das mit dem lieben Geld? Das gibt es über verschiedene Töpfe. Diese zu beantragen, ist eine Wissenschaft für sich. Wer es noch genauer haben will: Hier kann man sich die Sitzungsvorlage und die Präsentation von Albrecht Weber aus der Gemeinderatssitzung vom 19.10.2020 unter TOP 8 zu dem Thema Baukosten nochmals anschauen.

Es war eine aufschlussreiche Veranstaltung, die in beeindruckender Weise die liebevolle Arbeit der Architekten und Steinspezialisten,die sich um den Erhalt unserer ortsbildprägenden Gebäude in LA bemühen, zeigte.
Szenenwechsel:
Der Kontrast zu der im Anschluss an diesen Termin stattfindenden AUT Sitzung hätte für AGORA-LA größer nicht sein können!
Da wird wieder über Versiegelungen in der Kirchstaße diskutiert, die Rotbuche möglicherweise weiter durch Parkplätze bedrängt, werden alte Häuser durch überdimensionierte Häuser ersetzt. Darüberhinaus wird noch der Versuch gestartet, die Mülleimer der Kirchrstr. 2 vor dem Haus zu überdachen, die vermutlich aus Platzmangel vor der Hausfront installiert werden sollen. Die Pfosten dafür standen bereits vor der möglichen Genehmigung im AUT, der dann schließlich die Befreiuung ablehnte.

Solche architektonischen Entgleisungen sind in LA keine Einzelfälle. Irgendwann wird LA so hässlich sein, dass kein Tourist mehr kommt. Aber vielleicht gibt es in Zukunft Führungen, bei denen LA als Beispiel für Verschandelungen einstmals schmucker Bodenseeorte besucht werden kann.

Da hilft möglicherweise dann das renovierte Schloss auch nicht mehr. Das ist bereits jetzt teilweise dem Blick des Promenadenbesuchers entschwunden.

Die Bürgerbeteiligung ( Stadtrundgang am 7.10.2021 )bei der aktuell laufenden Stadtentwicklungsplanung könnte Zeichen für eine achtsame Ortsbildentwicklung setzen.
Ergänzung: Wie wär’s denn mal hiermit: Das mobile grüne Zimmer

Aktualisierung, 30.10.2021, 11.12.Uhr
Aktualisierung , 1.10.2021, 13.59 Uhr
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