Thema des Tages

Aus dem Newsletter von CORRECTIV

Sicher haben Sie an den Straßenrändern in den letzten Tagen, z.B. an der B31 den einen oder anderen Traktor mit Protestplakaten gesehen. Was sich gestern am Fähranleger Schüttsiel ereignete lesen Sie unten:

Mehr als 100 Landwirte blockierten gestern Abend den Fähranleger im schleswig-holsteinischen Schüttsiel, es kam zu Tumulten und Handgemengen. Ihr Ziel war es, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck abzufangen und zur Rede zu stellen – eine Eskalation der momentan laufenden Bauernproteste gegen den Wegfall von Steuervorteilen. Und das ausgerechnet an dem Tag, an dem die Bundesregierung ankündigte, einigen Forderungen der Landwirte nachzukommen. Das Thema zieht gerade auch weite Kreise bei TikTok, bewegt also auch junge Menschen – weshalb sich unsere Jugendredaktion Salon5 die Diskussion in sozialen Medien angesehen hat. Was dazu wichtig ist:
Warum dieser Protest eine Grenzüberschreitung war: Politikerinnen und Politiker stehen in der Öffentlichkeit und sind es gewohnt, immer wieder aufgebrachten Menschenmengen gegenüber zu stehen. Aber sie haben auch ein Privatleben – und in erwachsenen Demokratien wie unserer galt bisher die Übereinkunft, dass man sie nicht in ihrem privaten Umfeld bedrängt. 
Wofür dieser Tabubruch steht: Diese Übereinkunft, dass man Politikern ihr Privatleben lässt, bröckelt schon seit der Corona-Pandemie: Seither gibt es immer wieder Szenen, in denen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister bedrängt werden, teils im privaten Umfeld. Auch auf Landesebene gab es solche Fälle schon. Und es gab häufiger Todesdrohungen gegenBundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Dass ein Bundesminister vor Ort und im privaten Umfeld auf diese Weise bedrängt wird, hat aber eine neue negative Qualität. Und wohin es schlimmstenfalls führen kann, wenn einzelne Politiker ins Visier geraten, zeigte der Fall Walter Lübcke: Der Regierungspräsident des Regierungsbezirks Kassel wurde 2019 vor seinem Haus von einem Rechtsextremisten erschossen.
Warum solche Aktionen die Demokratie bedrohen:
Wenn Politikerinnen und Politiker bedrängt und bedroht werden, weil sie ihre Arbeit machen, gibt es immer weniger, die bereit sind, in den Beruf zu gehen. Heute berichtet etwa die FAZ,  dass für viele Bürgermeisterämter in Hessen immer weniger Kandidaten antreten. Und jene, die im Amt sind, wagen sich tendenziell weniger, öffentlich für ihre Überzeugungen einzustehen.

Der Deutsche Bauernverband hat sich von der Mob-Aktion schon deutlich distanziert

Ergänzungen für die Aktionen am Montag: Der SÜDKURIER schreibt hier über eine Sprachnachricht, die die Aktionen kommenden Montag zum Thema hat.

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