Unter drei

Fast hätte man meinen können, dass es ein ganz normaler Samstag gewesen wäre. Sonne, das emsige Werkeln der Nachbarn im Garten, Kindergeschrei. . . und trotzdem- es ist anders. Es ist dieser plötzliche Gedanke -stopp- es fühlt sich an wie Frühjahr, die Blüten, das Licht , aber Corona. Man schwingt sich trotzdem aufs Rad am See entlang, vorbei an der verlassenen Eisdiele, die bei dem Wetter sonst sicher gut gefüllt wäre. Jetzt nur ein Schild, dass geschlossen sei, sich alle jedoch bei guter Gesundheit befänden. Im Gasthof Krone nebenan wird er Kaffee „to go“ durch das Fenster gereicht. Weiter Richtung Kressbronn an der Malerecke Grüppchen, Familien mit Kindern. Und Hotspots mit Ansammlungen unter drei. Ein Polizeiauto taucht auf. Man kommt ins Gespräch. Ich frage nach ihrer Arbeit, ob sie die verschiedenen Grüppchen auf ihre Familienzugehörigkeit prüfen. Ja , sie würden jetzt mal erst durchlaufen und schauen. Ich erhalte einen Infozettel:


Was auffällt : Die größeren Grüppchen sind Familie, die einem mit dem Rad entgegen kommen mit ihren halbwüchsigen Kids. Bilder, die sonst eher selten sind, ist es doch oberpeinlich mit den Eltern Ausflüge zu machen. Manch ein Jugendlicher sah eher widerwillig aus. Ohne Freunde und Freundinnen.
Dabei können uns hier noch glücklich schätzen, dass wir in diesen erlaubten Konstellationen trotzdem am See sitzen dürfen. Nicht auszumalen, wie das Zusammenleben auf beengtem Raum in den Brennpunktvierteln der Großstädte aussehen mag.
Oder in den Flüchtlingslagern in Griechenland oder bei uns. Es wird in diesen Tagen immer wieder vor der Anwendung der Triage gewarnt. Damit ist die eine Priorisierung von medizinischen Hilfsleistungen gemeint. Aber die Triage findet doch vor den Toren und Augen Europas bereits seit Jahren statt.
Wir fliegen sie hin und her: gestrandete Urlauber, schwer Erkrankte aus Italien und Frankreich, aber die Rettungsaktionen auf dem Mittelmeer sind gestoppt. Auf dem Mare nostrum – unserem Meer. So nannten die Römer in der Antike das Mittelmeer. Was ist aus den Ländern rund um das Mittelmeer, unserem Meer, geworden? Gescheiterte Staaten wie Libyen und Syrien. Einst die Wiege unserer Kultur. . . Im Moment kümmern wir uns verständlicherweise nur um uns selbst, aber das über Jahre ungelöste Flüchtlingsproblem vor unseren Grenzen sollte Europa die Schamröte ins Gesicht treiben. Die EU-Kommission hofft auf baldige Aufnahme der meist unbegleiteten 1600 Kinder von den griechischen Inseln. Sie wären sicher froh, sie könnten mit ihren Eltern unbeschwert am See spazieren. Dagegen ist die hoffentlich vorübergehende Freiheitsbeschränkung mit Rücksicht auf die Alten und Schwachen wirklich nur ein Spaziergang. Von uns wird ein wenig Eigendisziplin beim kontrollierten Aufenthalt in der Sonne verlangt. Essen gibt es genug. die Familien sind zusammen.
Das Klopapier ist unsere einzige Sorge, während die Geflüchteten in den Lagern seit Jahren unter erbärmlichen hygienischen Zuständen in den Lagern leben müssen.
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Achtung : heute gibt es wieder die Aktion Musik am Fenster.
Aktualisierung : 29.3.2020, 17.47Uhr
Unten stehende Tabellen sind der Printausgabe der taz von diesem Wochenende entnommen. Die zweite Spalte zu den Bestimmungen von Bayern könnten für uns interessant sein , wenn man aus Versehenmal nach Nonnenhorn mit dem Fahrrad gerät. Und noch der Hinweis auf sog. Deepfakes, die auch unter “AGORA für junge Leute zu finden sind.


Quelle : Verordnungen und Allgemeinverfügungen der Bundesländer, Webseiten u. Pressestellen der Ministerien, Grafik taz
Hier noch die digitale Version über die Verfügungen.
Aktualisierung , 31.3.2020, 10.48 Uhr
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