“Hinterbänkler” zum TOP “Einwohnerversammlung”

AGORA versucht es mal mit der Berichterstattung von der hinteren Bank über die einfacheren TOP von letztem Montag:
Beispielsweise die Einberufung einer Einwohnerversammlung, die bereits vor den Sommerferien am 21. Juli 2020 stattfinden soll, damit man im Herbst nicht in die Nähe des Bürgermeisterwahlkampfes gelangt.
Es wurde diskutiert, wie man mit einer Versammlung im größeren Rahmen umgehen wolle, falls es nach wie vor Beschränkungen durch Corona geben sollte. Versammlungsort solle die Turn-und Festhalle sein. Als Themen der Versammlung sind „Gräbenen VI“, „Naturella“ und das „Grünachsenthema“ unter Vorsitz des Bürgermeisters vorgesehen. Das Thema ” Grünachse Tettnanger Wald -Bodensee ” wurde bereits in der Sitzung von letztem Montag behandelt und betrifft die Beauftragung des Planungsbüro Senner mit der Ausarbeitung des Konzepts für die Grünachse Tettnanger Wald, über den Ortsteil Bierkeller, den Schützenweg, das künftige Neubaugebiet „Gräbenen VI“, den Mooser Weg über den Bereich die „Höhe“ bis zum Bodensee. Die Verwaltung plant außerdem eine Verbindung zur Ortsmitte im Zuge der Bebauung „Gräbenen VI“ zur Ortsmitte. Es entstehen Kosten in Höhe von 13.058,52 €, die im Haushaltsplan bereitstehen, heißt es in der Sitzungsvorlage.Diese sind übrigens jetzt unter der Überschrift “Sitzungsvorlagen” auf der Homepage LA unter “Gemeinderat und Bürgermeister” zu finden.
Was sich hinter „Naturella“ verbirgt, war Thema bei den „Hinterbänklern“ der Presse: AGORA und ebenso die Kollegin von der Schwäbischen Zeitung suchten vergebens während der Sitzung nach der geheimnisvollen “Naturella” bei „Google“auf ihren Handys.
Eine erweiterte Recherche später am heimischen Schreibtisch von AGORA, die sich von Assoziationen mit einer Apfelsaftmarke leiten ließ, förderte dann tatsächlich unter „Naturella und Langenargen die folgenden Einträge im World Wide Web zu Tage. Hier unter Punkt 3 der Infos über Unternehmensstandorte ein Gewerbegebiet in Bierkeller:
3. Gewerbegebiet „Bierkeller“ – Fabrik- und Bürogelände „Naturella“ , Eigentümer ist die Firma Fränkel in Friedrichshafen. Auf der Homepage der Firma Fränkel findet man dieses Gelände hier.
Das ist vermutlich das Geheimnis, das in der Einwohnerversammlung gelüftet werden soll. Immer wieder traf in der Sitzung die Nennung von „Naturella“ auf Unverständnis. Es wurde geflüstert, Andeutungen gemacht und gekichert in der Reihe vor den “Hinterbänklern”. Bürgermeister Krafft nahm schließlich den Begriff „Wohnwirtschaftliches Projekt“ in den Mund. Taucht „Naturella“ vielleicht deshalb in Zusammenhang mit dem „Grünachsenthema“ in Bierkeller auf? Das Gelände gehört ja bereits Fränkel. Auch Teile der Grundstücke in “Gräbenen VI”. Dann wäre auch die Achse klar. Nach einem Telefonat mit dem Vorstand der Firma Fränkel, Buck, erfuhr AGORA am Vormittag, dass Fränkel lediglich über die Zeitung heute über neue Aktivitäten zu GräbenenVI gelesen hatte.. Mit Fränkel sei bisher seit Jahren seitens der Gemeinde nicht gesprochen worden. ZumThema “Naturella” hieß es, dass die Gewerberäumlichkeiten dort gut vermietet seien.
Man darf gespannt sein und auf die nötige Transparenz hoffen.
Was die Durchführung der Einwohnerversammlung angeht, so äußerte Gemeinderat Ziebart (OGL) Bedenken wegen möglicher Einschränkungen durch Corona. Andere digitale Formate, durch Gemeinderat Pfänder (OGL) angeregt, wurden eher zögerlich beurteilt. Bei der Abstimmung enthielten sich vier Gemeinderäte, so weit von hinten sichtbar. Damit wird die Einwohnerversammlung für Juli geplant.
Einschätzung:
Es ist erstaunlich, dass die Einwohnerversammlung plötzlich so dringlich wird. Jahre zuvor musste die Einwohnerschaft immer wieder an deren Durchführung erinnern. Gerade noch hatte das Gremium in derselben Sitzung Großveranstaltungen abgesagt ( Uferfest, Mini-LA, Promenadenkonzerte. . . ), da wird in der Sitzungsvorlage zu diesem Punkt geschrieben :“Aus heutiger Sicht bestehen nach der derzeit geltenden Corona-Verordnung bis zu diesem Zeitpunkt (i.e. 21.Juli 2020 Ergänzung AGORA) keine weiteren Einschränkungen mehr….“ Na, da weiß die Verwaltung LA zum heutigen Zeitpunkt mehr als alle Experten und Länderregierungen.
Was passiert, wenn mehr als 100 Einwohner kommen, was bei einer Zahl von über 7000 Einwohner*innen erfreulich wäre. Schlecht wäre es, wenn sich Einwohner durch Corona abschrecken ließen und dadurch kryptische Themen wie ” Naturella” nicht für alle zugänglich würden.
Wie immer werden Themen und Format von „oben“ und jetzt auch noch begleitet von Nebelkerzen vorgegeben. Dabei sind keine Spielräume für eine Beteiligung und Input durch die Bürgerschaft vorgesehen. “Same procedure as every year, Mr. Krafft?” Wie im letzten Oktober?
Wenn schon Corona bedingt vorsichtiger geplant werden muss , dann doch bitte im Vorfeld mit kreativen Ideen aller Beteiligten. Das wäre auch auf digitalen Plattformen möglich, indem man vorher dort die Ideen der Einwohner sammelt. Gerade bei den Bauthemen. Trotz beschleunigtem Verfahren. Das ist “State of the art”in anderen Städten, aber durchaus auch in kleinen Gemeinden. Die Architektenkammer hat wunderbare Flyer dazu entwickelt, die bereits in der Januarsitzung Thema waren. Es lohnt sich dort noch einmal reinzuschauen.
Die Einwohnerschaft will nicht von oben regiert werden. Sie will echte Teilhabe. Dafür sind diese Versammlungen gedacht. Dazu braucht es zeitlichen Vorlauf, Transparenz und Information vor einer solchen Veranstaltung. Kein Überraschungsei wie „Naturella“ oder Vorgaben zu einem Baugebiet, dessen Planung bereits drei verschiedene Gemeinderatsgremien verschlissen hat und nach Beteiligung schreit.
Sie vermuten auch, was ich vermute?
Ja, der Bürgermeister-Wahlkampf hat begonnen! Die Bühne dafür ist ohne Aufwand für den Kandidaten vorbereitet. Es fragt sich nur, ob die Eiwohnerschaft als Publikum still und starr im Zuschauerraum verharrt und sich blenden lässt von einer One-Man-Show im schummrigen Scheinwerferlicht mit immer demselben Programm. Für Abwechslung müssten Sie , liebe Einwohner, bitte selbst sorgen!

Kommentar verfassen