Wahrnehmung von Not, Teil 2

Fortführung der Wahrnehmung von Not Teil 1:
5. Wie findet der Austausch der Mehrheitsgesellschaft mit den Geflüchteten statt?
Die Großzahl der anschlussuntergebrachten Bevölkerung in Langenargen ist im sozialen Leben (Kindergarten, Schule, Vereine, Arbeitsplatz, etc.) integriert und vernetzt.
Anmerkung AGORA: Die Integration der Geflüchteten in die Institutionen ist eine Selbstverständlichkeit nach mehr als fünf Jahren am Ort. Was fehlt, sind Kontakt -möglichkeiten über Anlaufstellen am Ort. Über die Stiftung „Integrationskultur“ hatte ich vor Corona ein Angebot von 3000 Euro, mit dem man einen regelmäßigen Treffpunkt zur Kommunikation ( Café etc…. ) organisieren könnte. Das Angebot steht nach einem Telefonat mit dem Vorsitzenden des Stiftungsrates nach wie vor.
Es ist in LA leider so, dass kaum jemand Kontakt zu geflüchteten Mitbürger*innen hat, die mittlerweile sogar anerkannte Aufenthaltstitel haben. Sie sind Einwohner *innen unserer Gemeinde. Wenn im Rahmen von Baumaßnahmen ein Gestaltungsbeirat gegründet wird, könnte ebenso ein Ausländerbeirat installiert werden, der sich um die Interessen dieser Mitbürger*innen kümmert.
Der Gemeindeverwaltungsverband mit seinen 300 Geflüchteten müsste es nur anregen. Indem solche Beiräte die Belange ausländischer Mitbürger*innen gegenüber den von deutschen Staatsbürger*innen gewählten Gremien artikulieren und vertreten, käme ihnen eine wichtige integrationspolitische Aufgabe zu.
10. Die Umsetzung der Familie erfolgte laut Auskunft der Familie bereits vor 2 Wochen. Wie engmaschig wurde die Familie in der US7 10/7 seitens der verantwortlichen Stellen (Sozialarbeit etc..) besucht?
Im Nachgang der Umsetzung fanden Hausbesuche und weitere Besprechungen im Rathaus durch das Integrationsteam statt. Zudem besteht die telefonische Erreichbarkeit zu den Dienstzeiten des Integrationsteams. Die Familie ist bereits seit November 2015 in Langenargen wohnhaft und folglich nicht fremd oder gar neu in unserer Gesellschaft.
Anmerkung: AGORA Nach Auskunft der Familie hat bisher vor Ort niemand die Familie betreut. Der Aufenthalt in der Unterkunft dauert jetzt bereits 3 Wochen.
8.Ist es richtig, dass veranlasst wurde, dass lediglich 2 Zimmer von der Familie benutzt werden dürfen?
Nein, der Familie stehen 3x Zimmer und sanitäre Anlagen (Küche, Dusche und WC) zur Verfügung. Ein weiteres Zimmer dient für eine Notfalleinzelunterbringung einer weiblichen Person.
Anmerkung AGORA: In dem dritten Zimmer ist die Dusche integriert und es dient der Familie als „Schrankzimmer“, weil 8 Personen natürlich einen Hausstand unterbringen müssen. Es kann nicht als Schlafstatt für irgend jemanden dienen, da die Dusche dort von allen Familienmitgliedern genutzt werden muss. Das eigentliche Bad, das von den übrigen Räumen abgetrennt ist, ist abgeschlossen.
9.Die Unterkunft besitzt einen W-Lan Anschluss. Steht dieser zur Verfügung, damit die schulpflichtigen Kinder an Online- Angeboten der Schule teilnehmen können? Soweit mir bekannt, liegt der Anschluss in dem hinteren Zimmer, das abgeschlossen wurde.
Alle Notunterkünfte im Gemeindegebiet von Langenargen verfügen über kein durch die Gemeinde Langenargen zur Verfügung gestelltes Internet. Vertragspartner mit Dienstanbietern sind die einzelnen Nutzer, da auch hier unterschiedlichste Angebotswünsche unserer Mitbürger bestehen.
Anmerkung AGORA: Es ist durchaus über diesen Telefon-Anschluss W-LAN möglich. Das war für die Vorgängerfamilie auch möglich. Der Empfang über externe Möglichkeiten ist in dieser Unterkunft ist denkbar schlecht. Damit findet weiter Ausgrenzung statt. Es müssen schulische Aufgaben erfüllt werden, die gerade in Corona-Zeiten oft online übermittelt werden. Teilhabe findet für diese Kinder nicht statt.
Zum Schluss:
AGORA hat aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht alle Fragen und Antworten veröffentlicht. Auch weitere Bilder will AGORA zum Schutz der Familie nicht veröffentlichen. Aber sie ist dem Rat des Leiters des Flüchtlingsrates BW McGinnley gefolgt, der schrieb, man solle über die Schaffung von Öffentlichkeit Druck aufbauen. Bei Gleichgültigkeit einer Kommune sei allerdings auch ein Flüchtlingsrat machtlos.
Sind wir gleichgültig? Oder kümmern wir uns um den sozialen Frieden?
Aktuelle Ergänzung, 20.7.2020,13.39:
Die Sache mit dem Internet:
Es ist aus dieser Unterkunft nicht möglich ohne einen Internetanschluss Dokumente zu verschicken. Schon gar nicht über ein Handy. Die Verfügbarkeit eines Internetanschlusses muss gerade für diese Notunterkünfte gewährleistet sein. Mailempfang ist nicht möglich. Die Familie hatte in ihrer alten Wohnung einen ordentlichen Internetvertrag. Dieser hilft ihnen vor Ort nicht. Vieles muss mit dem Landratsamt geregelt werden. Das geht oft wegen Corona nur Online. Wenn schon eine Umsetzung in diese Unterkunft nötig war, dann bitte, liebe Verwaltung, kümmern Sie sich um eine zeitgemäße technische Versorgung dieser Menschen! Es geht hier nicht um “unterschiedlichste Angebotswünsche unserer Mitbürger” wie BM Krafft oben schreibt, es geht um einen normalen Standard, der den Menschen Teilhabe ermöglicht. Auch die Kinder haben in den letzten Tagen der Schulzeit, gerade in Coronazeiten, vor den Sommerferien vieles zu regeln. Das ist nicht möglich. Und noch etwas: Die älteren Kinder dieser Familie sind bewundernswert. Sie sprechen gut Deutsch, haben bereits deutsche Schulabschlüsse und versorgen trotz der traumatischen Erfahrung der Umsetzung ihre kleineren Geschwister.
Die Redaktion springt jetzt mal wieder ein.
Aktuelle Ergänzung, 20.7.2020, 21.42Uhr:
Nicht nur die digitale Infrastruktur funktioniert in der Notunterkunft nicht. Auch die Müllentsorgung klappt nicht, weil der 8-köpfigen Familie nur die kleinsten Mülltonnen zur Verfügung gestellt wurden. Für den gelben Müll muss eine geschlossene Tonne her, ansonsten wird das Ungeziefer angezogen….Will LA wirklich weiter gleichgültig bleiben ?

AGORA wird jeden weiteren Missstand sofort öffentlich machen.

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