Die Causa Mooser Weg

Oder die bizarre Raubtiernummer der CDU und FWV

Die Meinung von Alfred Kupper

Einwohnerantrag Januar 2022 und ein Beschluss

Erinnern wir uns: In der Januar 2022-Gemeinderatssitzung erläuterte der Architekt Resch für das Architektenkonsortium Resch/Florian den Einwohnerantrag zur Bebauung der geschützten Streuobstwiese am Mooser Weg. 

In der gleichen Sitzung erging ein Beschluss. Hier. „[ .. . .] Dass die Möglichkeit der Bebauung des Flurstücks 2021, Teilfläche am Mooser Weg mit ca. 5 500 qm … im Zuge der Wohnbedarfsanalysen … einzubeziehen und zu prüfen …[ist]…“. Diesem Beschluss liegen die Stimmen der FWV und der CDU zugrunde; die OGL und SPD stimmten dagegen.

Offensichtlich gingen CDU und FWV davon aus, dass die mit der Erstellung der Wohnraumbedarfsanalyse zu beauftragenden Städteplaner mit guter Wahrscheinlichkeit eine Bebauung der Teilfläche am Mooser Weg bejahen würden. Ansonsten hätten CDU und FWV diesem Beschlussantrag nicht zustimmen dürfen.

Die Beurteilung der Städteplaner und die Einschätzung der CDU und FW

Anders als die CDU, für die die Streuobstwiese eine Baulücke ist, kamen die Städteplaner zu der Beurteilung, dass eine Bebauung weder prioritär und auch nicht langfristig, sondern bestenfalls nachrangig zu empfehlen sei: „Unter Berücksichtigung der naturschutzfachlichen Rahmenbedingungen (Landschaftsschutzgebiet, Ausgleichsflächen, Streuobstbestand) wird die Prüffläche nicht für eine bauliche Entwicklung empfohlen. Lage und Flächenzuschnitt lassen nur ein eingeschränktes quantitatives Wohnraumpotenzial hinsichtlich Dichte und typologischer Mischung erwarten.“

FWV und CDU hatten sich mit der Befürwortung des Beschlusses verspekuliert und konnten das auf wissenschaftlicher Grundlage beruhende Gutachten – zumindest in Teilen – nicht akzeptieren. Nach dem Motto „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“, beharrten FWV und CDU auf ihrem Antrag zum Aufstellungsbeschluss eines Bebauungsplanes in Sachen Mooser Weg. Hier tritt das sprunghafte Denken und Handeln der FWV und der CDU offen zu Tage. 

Ein Antrag, ein optimistisches Szenario und der vermeintliche Exodus junger Familien

Im September 2022 wurde die Wohnraumbedarfsanalyse im Gemeinderat vorgestellt. In der Diskussion zeigten sich FWV („alles gut und schön, Problem ist, dass die Potentialflächen nicht im Besitz der Gemeinde seien“) und CDU („nichts Neues, alles bekannt, hat auch in der Vergangenheit zu keinen greifbaren Ergebnissen geführt“) destruktiv und ablehnend. Anders im November 2022: FWV und CDU erklärten, ein optimistisches Szenario unterstützen zu wollen. Ist das glaubwürdig? Wenn alles bereits früher bekannt war, jedoch zu keinen Lösungen geführt hatte, warum und wieso sollte jetzt alles anders und besser werden? Und das mit teilweise den gleichen Akteuren! Jetzt ein optimistisches Szenario mittragen zu wollen, erscheint als blanker Opportunismus.

Elementare Grundlage des optimistischen Szenarios ist eine Absenkung des Durchschnittsalters der Langenargener Bevölkerung bis 2035 durch Zuzug junger Menschen und Familien über die Gemeindegrenze. Dies wäre eine Abkehr von der bisherigen, hartnäckig verfolgten FWV/CDU-Philosophie „Nur für Langenargener“. Baugrundstücke am Mooser Weg für Neubürger? Ja, wer glaubt denn das?

In einem Trendszenario ermitteln die Gutachter einen jährlichen Bedarf von neun Einfamilienhäusern (2021 – 2025) sowie einem (1) Einfamilienhaus (2026 – 2035). In einem optimistischen Szenario beträgt der Mehrbedarf an Einfamilienhäusern plus vier (2021 – 2025) und plus drei (2026 – 2035) Häuser pro Jahr, um den Fortzug junger Familien zu vermeiden und zugleich nennenswerten Zuzug über die Gemeindegrenze zu ermöglichen. Diese Analyse und die beiden Szenarien verdeutlichen, dass der von FWV und CDU und auch dem Architektenkonsortium Resch/Florian permanent vorgetragene Fortzug junger Familien wegen fehlender Baugrundstücke, in einem Exodus nahekommenden Ausmaß, nichts anderes als eine Schimäre ist. Allein deshalb gibt es keinen guten Grund, die Streuobstwiese am Mooser Weg, vorrangig, ohne die Alternativen und Potenziale der Wohnraumbedarfsanalyse erörtert zu haben, bebauen zu wollen.

Eine Machbarkeitsstudie „Verschlusssache-Vertraulich“ 

Es kommt noch besser. FWV und CDU versuchen die Sinnhaftigkeit ihres Antrages zur Bebauung durch eine vorliegende Feasibility-(Machbarkeits-)Studie zu untermauern. Einziger Schönheitsfehler: Diese Machbarkeitsstudie ist offensichtlich nur den Gemeinderäten, jedoch nicht der Öffentlichkeit bekannt. (vgl. hier, eingefügt von AGORA-LA)) Nachhilfe für FWV und CDU oder politische Beeinflussung?

Das Geldbörserl

Der Fraktionsvorsitzende der CDU rechnet vor: Die Herstellungskosten für ein 130 m2 großes Reihenhaus betrügen 4 500 EUR/m2, also 585 000 Euro. Bei einem Zins in Höhe von 3,5 Prozent führt das bei Vollfinanzierung zu einem Zinsaufwand von 20 475 Euro pro Jahr, entsprechend 1706 Euro pro Monat. An dieser Stelle muss man weiterrechnen: Soll das Darlehen innerhalb von 30 Jahren zurückgeführt werden, erfordert dies eine Anfangstilgung von knapp 2 Prozent, entsprechend einer Annuität in Höhe von 31 800 Euro oder einer monatlichen Belastung in Höhe von 2650 Euro. Allmählich ahnt man, dass derartige monatliche Belastungen nur von gut betuchten, wohlhabenden jungen Familien zu stemmen sind.

Nun muss nur noch das Grundstück finanziert werden. Der CDU-Fraktionsvorsitzende stellt sich vor, dass das Grundstück – deutlich unter dem Bodenrichtwert – zu 700 Euro/m2 abgegeben werden könnte. Ein 200 m2 großes Grundstück für 140 000 Euro, das bedeutet – inklusive Notarkosten und Grunderwerbssteuer sowie bei Vollfinanzierung – ein Anstieg der monatlichen Belastung auf 3 320 Euro. Läge der Berechnung der Bodenrichtwert (900 Euro/m2) zugrunde, stiege die monatliche Belastung auf 3 520 Euro, was von wohlhabenden Familien sicherlich aufgebracht werden kann. Aber warum sollte die Allgemeinheit gut betuchte Familien durch eine deutlich verbilligte Abgabe von Grundstücken subventionieren? Ist die Allgemeinheit für den weiteren Vermögensaufbau dieses Personenkreises zuständig?

Nur für Langenargener?

Die vergünstigte Überlassung von Baugrundstücken im Rahmen eines Einheimischenmodells ist nach Europäischem Recht dann zulässig, wenn einkommensschwächeren und weniger begüterten Personen der örtlichen Bevölkerung der Erwerb angemessenen Wohnraums ermöglicht werden soll. Allerdings kommen nur Bewerber in Betracht, deren Vermögen und Einkommen genau definierte Obergrenzen nicht überschreiten. Familien, die eine monatliche Belastung von 3 000 Euro oder mehr aufwenden können, gehören wohl kaum zu den einkommensschwächeren Personen der örtlichen Bevölkerung. 

Grundstücksverkäufe, Stiftung und Erbpacht

2,1 Millionen Euro könnten durch die Grundstücksverkäufe erlöst und neu investiert werden, so die CDU. Die Schwäbische Zeitung, die entsprechend hier berichtete, erwähnte die von Gemeinderat Peter Kraus für die OGL vorgetragene Sicht nicht: Bei einer Erbverpachtung der stiftungseigenen Grundstücke, könnte die Stiftung jährlich mehr als 300 000 Euro erlösen und so die Verluste aus dem Betrieb des Altenpflegeheims minimieren. Die Gemeindekasse, die die Verluste (Abmangel) der Stiftung zu tragen hat, würde in Höhe, der durch die Erbverpachtung erzielten Erlöse entlastet werden. Die freiwerdende Liquidität könnte für das Thema „Wohnen und Bauen“ verwendet werden. Der Kapital- und auch der Barwert dieser jährlich freiwerdenden Liquidität übersteigt bereits nach wenigen Jahren die einmalige Einnahme von 2,1 Millionen Euro. Mittel- und langfristig sind die Erlöse durch Erbverpachtung beziehungsweise die freiwerdende Liquidität in der Gemeindekasse deutlich wertvoller. 

Das Spektakel

Das von FWV und CDU inszenierte Spektakel erinnert an eine gemischte Raubtiernummer, die das Publikum keineswegs belustigt, sondern in Angst und Schrecken versetzt, ahnt man doch, dass weitere Filetstücke für gefräßige Löwen geopfert werden könnten.

pixabay

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