und ködert die Wählerschaft
Ein Kommentar von E. Fendi

Die CDU und zuletzt sogar die Junge Union-Seegemeinden unterstützen Bürgermeisterbewerber und CDU-Mitglied Achim Krafft vielfältig und tatkräftig. Jetzt wendet sich Krafft mit seiner Beilage “An alle Haushalte” zum Montfortboten vom 20. November 2020 an die Wähler und Wählerinnen und erklärt: „Die Bürgermeisterwahl ist eine Persönlichkeitswahl, keine Parteiwahl“. Damit „pfeift“ er zugleich jene Zuschauer der Kandidatenvorstellung am 02. November 2020 zurück, die versuchten, dem bekanntlich parteilosen Bewerber Ole Münder eine gewissermaßen unehrenhafte Liaison mit der OGL vorzuhalten. Mit seiner Botschaft appelliert Krafft an die Wählerinnen und Wähler im übertragenen Sinne: Vergleicht und bewertet die unterschiedlichen Kandidatenprofile! Recht hat er!

Die „Konrad-Adenauer-Stiftung“ beschäftigt sich in der Schrift „Zur kommunalen Direktwahl“unter der Überschrift „Der Kandidat muss im Mittelpunkt stehen“ mit dieser Thematik. Der Verfasser stellt unter anderem fest, dass „… es im Normalfall ein großer Vorteil für den Kandidaten ist, wenn er von auswärts kommt und keine Bindungen in der Stadt hat…“. Und weiter: „In Baden-Württemberg wird Unabhängigkeit des Kandidaten als großes Qualitätsmerkmal betrachtet. Es zeige sich deutlich, dass dem Kandidaten, seiner Präsentation und seinem Auftreten die entscheidende Bedeutung zukommt. Ein weiteres wichtiges Merkmal sei die Bürgernähe. Bürgerinnen und Bürger erwarten keinen Regenten im Rathaus. Sie wollen einen Bürgermeister, der ihren Anliegen aufgeschlossen gegenübersteht und sich diesen auch annimmt. Sie wollen einen Bürgermeister, auf den sie im Bedarfsfall zugehen können.“ Soweit die Konrad-Adenauer-Stiftung.
Zurückkommend zu Kraffts Beilage zum Montfortboten bemerkt der aufmerksame Leser, dass Krafft bei anderen Themen auf dünnem Eis unterwegs ist:
Der Wohnpark „Naturella“ wird, wie man weiß, von einem Investor errichtet. Krafft reklamiert den Wohnraum für Langenargener Bürgerinnen und Bürger. So ködert er Wählerinnen und Wähler. Er lässt offen, ob und inwieweit die Vermietung bereits heute langfristig bindend mit dem Investor geregelt ist.
Die Vergabe von möglichen Bauplätzen (z.B. Gräbenen VI )ausschließlich an Langenargener Bürgerinnen und Bürger ist wegen des Diskriminierungsverbotes unzulässig und verstößt gegen geltendes EU-Recht. Wir erinnern uns an den Bürgerentscheid Mooser Weg vor zwei Jahren.
Vor dem Kressbronner Gemeinderat erklärte Rechtsanwalt Andreas Kohnke bereits im November 2018 in der Schwäbischen Zeitung: „Ich empfehle Ihnen, sich an diesen EU-Leitlinien zu orientieren – das kann Ihnen um die Ohren fliegen, wenn jemand dagegen klagt.”
Eine nicht den EU-Leitlinien folgende Bauplatzvergabe der Gemeinde Ummendorf untersagte das VG Sigmaringen (Az: 3K3574/19). In den Muster-Bauplatzvergabekriterien des Gemeindetages BW wird einleitend auf Rechtsunsicherheiten hingewiesen: „Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung weiterentwickelt und, ob Einheimische überhaupt bevorzugt werden dürfen, wenn Bauplätze nicht verbilligt zur Verfügung gestellt werden. Größtmögliche Rechtssicherheit kann vor diesem Hintergrund dann erreicht werden, wenn die Bauplatzvergabekriterien ein Überschreiten der durch die EU-Kautelen vorgegebenen Begrenzungen vermeiden.“ Aktuell steht eine weitere Klage beim VG Sigmaringen wegen einer Bauplatzvergabe der Gemeinde Öpfingen an (Az.: 7 K 3840/20). Konklusion: Kraffts Werben um Wählerstimmen ist bei dieser Ausgangslage nicht redlich.
Auch bei anderen Kernpunkten aus seinem Wahlprogramm lässt Krafft die Wählerinnen und Wähler ratlos zurück: Erhöhung der Zweitwohnungssteuer um mehr als 60 % in den letzten 3 Jahren. 60 % mehr, weil mehr Zweitwohnungen? Krafft vermeidet Vergleichsmaßstäbe und will sich nicht festlegen: Ausbau der E-Ladestationen von heute x auf morgen y Stationen? E-Rikschas für Senioren? 20 oder 50 Stück bis wann? Nahwärmenetze aus dem See – Bereitstellung von x Megawatt bis wann? Weitere Photovoltaikanlagen?
Schließlich läutet Krafft die Endphase des Wahlkampfes mit dem Aufruf ein: „Lassen Sie uns an einem versöhnlichen, konstruktiven Dialog und Miteinander arbeiten.“
Nach 8 Jahren geht es jetzt um einen personellen Neuanfang, bei dem Sachthemen und -fragen gemeinsam ohne Partei-, Gruppen- und Partikularinteressen konstruktiv einer Lösung zugeführt werden.
Hinweis zu den Bauplatzvergaberichtlinien: AGORA war im März als Vertretung der Presse dabei und hatte hier berichtet. (23.11.2020, 7.32 Uhr)
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