zur BM-Wahl

Gastkommentar von E. Fendi
Im Montfortboten Nr. 49 vom 04. Dezember 2020 ( Abdruck hier ) zeigt sich die CDU-Fraktion, die das Wirken von BM Krafft in der Gemeinde und auch im Landkreis sehr geschätzt habe, über den Ausgang der Wahl enttäuscht. Die CDU-Fraktion anerkennt den von den Bewerbern Krafft und Münder stets fair geführten Wahlkampf und betont, dass das Ergebnis dieser demokratischen Wahl von allen „Beteiligten“, wozu sicherlich auch die Nichtwähler, Parteien, Vereine zählen, zu akzeptieren sei.
Die Nachlese richtet sich an „… alle, die ihre persönliche Meinung „… durch viele, teils sehr persönliche Unterstellungen, Halbwahrheiten und sonstige Wortmeldungen in diversen Foren, Blogs und den sozialen Medien…“ geäußert und damit zugleich „… ein äußerst vergiftetes Klima geschaffen [haben] …“. Ein schwerwiegender Vorwurf.
Es scheint, als richte sich dieser Tadel nur an eine bestimmte Gruppierung und die eigenen Mitstreiter würden verschont. Nicht nachzuvollziehen ist, weshalb der Tadel die analogen Mitteilungsformen unberücksichtigt lässt. (Wie zum Beispiel der Appell des Privatmannes Scheriau, der seine Vorbildfunktion als HGV-Vorsitzender abgelegt hatte) sowie andere Verbalattacken („… Langenargen ist zu schade dafür, dass wir Hinzugezogenen … einen Job … geben“, „solche Leute brauchen wir nicht in Langenargen“)
Damit ergänzt diese Nachlese bemerkenswerte, rhetorisch „brillierende“ Wertungen eines Facebook-Accounts in LA. Dort ist oftmals von Hass, Hetze, Lügengate, Lügenunterstellungen, Meinungsmache, Schund, unterirdisch, das geht überhaupt nicht und Ähnlichem die Rede.
Vorneweg: Vieles, was zu hören oder lesen war, war zweifelsfrei schwer verdauliche Kost.
Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages setzt sich mit der Schrift Nr. 28/16 mit Hass und Hetze auseinander:

… finden die Begriffe „Hass“ und „Hetze“ im Straftatbestand der Volksverhetzung Verwendung (§ 130 StGB). Hier wird unter Strafe gestellt, gegen „eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung“ zum Hass aufzustacheln, wenn dies in einer Weise geschieht, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Hass wird in diesem Zusammenhang seitens der höchstrichterlichen Rechtsprechung definiert als „eine gesteigerte, über die bloße Ablehnung oder Verachtung hinausgehende feindselige Haltung gegen den betreffenden Bevölkerungsteil“.
Und weiter:
„Das geltende Strafrecht … knüpft die Strafbarkeit stets an Handlungen, nicht allein an Meinungen, Überzeugungen oder die Täterpersönlichkeit …“. „Gedanken, Überzeugungen und Meinungen können für sich genommen nicht strafrechtlich relevant sein, wie schon der römische Jurist Ulpian feststellte: Cogitationis poenam nemo patitur – Gedanken sind straffrei.“
Wertungen, wie sie im BM-Wahlkampf vorgenommen wurden, mögen moralisch abzulehnen sein. Diese Wertungen aber mit der Überschrift Hass und Hetze zu versehen und in eine Nähe rücken zu wollen, die geeignet wäre, wegen einer bestimmten Herkunft den öffentlichen Frieden zu stören, ist nicht hinnehmbar.
Wer sich über „persönliche Unterstellungen“ empört, dem sei beispielsweise das MORNING BRIEFING des Journalisten Gabor Steingart empfohlen. In der Ausgabe vom 04.12.2020 wird der soeben neu berufene Aufsichtsratsvorsitzende des Daimler Konzerns unter anderem als Windikus und Nickdackel bezeichnet. Meinungsmache, so stellt die Frankfurter Rundschau in einem lesenswerten Artikel fest, ist erlaubt.
Dass Halbwahrheiten von der CDU-Fraktion als Halbwahrheiten bezeichnet werden, liegt wohl eher daran, dass die ganze Wahrheit oftmals unbekannt und Herrschaftswissen der Verwaltung (und vielleicht auch der Gemeinderäte) ist.
Die vorliegende Nachlese im MOBO beschreibt leider nicht die Ursache des seitens der Bürgerschaft konträr begleiteten Wahlkampfes. Die Ursache liegt sicherlich nicht in einer streitsüchtigen, maliziös degenerierten Gruppe von Rentnern und Pensionären.
Bleibt noch die Unterstellung, auch als Lüge dargestellte Äußerung, der unglücklich operierenden Administration des Facebook-Accounts „Langenargen-Die Gruppe“. Die erteilte Auskunft des SWR war für die Administration des Facebook-Accounts weder als Missverständnis des Funkhauses und erst recht nicht als Lüge erkennbar. Selbst nachdem die Administration das Verbreiten der ihr erteilten Auskunft bedauerte, wurde ihr ein “Lügengate” seitens anderer User vorgeworfen.
Abschließend appelliert die CDU-Fraktion, „… auch andere Meinungen gelten zu lassen …“. Soll das bedeuten, dass über die Meinung der CDU oder des amtierenden Bürgermeisters nicht debattiert oder ihr nicht widersprochen werden darf? Wenn der Appell, „… auch andere Meinungen gelten zu lassen …“, allgemeingültig sein soll, dann ist der harsche, schwerwiegende Vorwurf, der in dem Text der Nachlese erteilt wurde, nicht zu verstehen.
Ist nicht bemerkt worden, dass im Lokalteil der Schwäbischen Zeitung selten und im Montfortboten keine Leserbriefe veröffentlicht werden? Wen wundert es, dass die hiesige engagierte Bürgerschaft das Internet zwecks Diskurses nutzt? Im Mutterland der Demokratie ist es seit 1872 die Speakers‘ Corner im Londoner Hyde Park. Warum nicht heutzutage das Internet?
Die Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler und stellvertretende Bürgermeisterin, Susanne Porstner, dankte für einen fairen Wahlkampf. Sie kündigte die Zusammenarbeit mit dem neugewählten Bürgermeister an. Da auch die CDU-Fraktion das Wahlergebnis mit konstruktiven Beiträgen unterstützen will, wird sich eine deutliche Zufriedenheit in der Bürgerschaft entwickeln. Sie wird beweisen, dass trotz unterschiedlicher Auffassung und Bewertung keine Spaltung vorgelegen hat.
Es ist bedauerlich, dass der CDU-Fraktion für eine wirklich ausgewogene, analytische Nachlese kein Raum im Montfortboten zur Verfügung stand. Deshalb wäre ein moderierter Dialog von Bürger*in zu Bürger*in, so wie es der scheidende Bürgermeister zuletzt vorgeschlagen hat und den die CDU-Fraktion nun initiieren könnte, eine gute Sache. Zumindest fände die Diskussion nicht nur im Internet statt.
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