Das Ende der Salamitaktik

Nach mehreren Anläufen hier, hier, hier hat der Bauherr am Rosenstock es endlich geschafft. Für die Erteilung des Einvernehmens stimmten die AUT-Mitglieder Vögele (CDU),Krug (CDU), Ebner (FW), Brugger(FW)und Bürgermeister Münder. Dagegen: Köhle (OGL),Schmid (SPD), Pfänder ( OGL) und Hanser( FW).
Nach ausführlicher Diskussion, die Christoph Metzler als Leiter des Baurechtsamtes mit einer juristischen Betrachtung des Sachverhaltes einleitete, endete das Gezerre um den Salami -Wurstzipfel. Der Sachverhalt wird hier in der Sitzungsvorlage folgendermaßen beschrieben: „Der Bauherr hat die bereits mehrfach vorgelegte Planung grundlegend geändert. Es sind nun 2 getrennte Gebäude mit jeweils eigenem Treppenhaus vorgesehen.“ [. . . ] „Die Trennung der Gebäude führt dazu, dass als vergleichbares Grundstück zur Beurteilung der GRZ ( Grundflächenzahl, Anm. AGORA-LA) nun das Grundstück Am Rosenstock 12/1, das ebenfalls eine GRZ bei Einzelgebäudebebauung mit 0,43 erreicht, herangezogen wird.“ In der Darstellung des juristischen Sachverhaltes hat Metzler jedoch nicht mehr dieses zuvor in der Sitzungsvorlage beschriebene Vergleichsgebäude herangezogen, sondern ein Gebäude in der Maulbertschstraße (Hausnummer 19). Nach diversen Redebeiträgen, die u.a. die Forderung nach Maß der Bebauung und der Hinweis auf den § 34 BauGB beinhaltete, in dem es heißt: (1) „Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden,” wurde wie oben beschrieben abgestimmt.
Auch der Gestaltungsbeirat oder der Ausschuss Bauen und Wohnen wurde für dieses Thema angemahnt. (Köhle, OGL)
Einschätzung:
Die Entscheidung ist politisch gefallen. Jetzt haben die Anrainer nur noch die Möglichkeit, den juristischen Weg zu beschreiten.
Eine Entscheidung zugunsten eines Investors, der das Maximum aus einem Grundstück herausholen will, das ihm zuvor sicherlich nicht für einen „Appel und Ei“verkauft wurde. Der Ort wird wieder einmal verändert. Es entsteht wieder ein mögliches Referenzgebäude. Eine Referenz für weitere Gebäude, die das Ortsbild wenig wahren, wurde in dieser noch heimeligen Ecke von LA erlaubt.


Zu sehen ist dies bereits an vielen Stellen: in der Kirchstraße, Fischerstraße oder in der Unteren Seestraße, an der Promenade . . . Es gibt in der aktuellen Diskussion um das Klima den Begriff„Flugscham“ . Es ließe sich eine Analogie dazu bilden: Die sog. „Bauscham“. Das trifft es! Man schämt sich für manche bauliche Entscheidung am Ort. „Und der Bürgermeister? Warum hat der denn dafür gestimmt?“ war nach der Sitzung zu hören. Der wird die möglichen rechtlichen Konsequenzen für die Gemeinde im Blick gehabt haben. Wenn der die Gemeinde beratende Leiter des Baurechtsamtes die aktuelle Version mit den beiden Gebäuden in der x-tenVersion als rechtlich nahezu unantastbar beschreibt, wird er als Bürgermeister der Gemeinde nicht unbedingt einen Rechtsstreit mit dem Bauherrn suchen wollen. Das würde für die Gemeinde Kosten verursachen. Übrigens in der AUT-Sitzung vom 26.01.2021 Januar hieß es noch:
„Der Antragsteller beabsichtigt das bestehende Gebäude samt Nebengebäuden abzureißen und durch eine Bebauung mit zwei Mehrfamilienhäusern mit je 3 Wohneinheiten und einer gemeinsamen Tiefgarage zu bebauen. Das Bauvorhaben ist nach § 34 BauGB zu beurteilen.” Jetzt werden also einfach die beiden Gebäudeteile getrennt. Zur damaligen Sitzung schrieb AGORA-LA hier.
Dass allerdings Metzler entgegen dem in der Sitzungsvorlage angegebenen Referenzgebäude ein neues Gebäude aus dem Hut zauberte ( Zitat: „ Ich habe tatsächlich ein Gebäude gefunden!“ ), die Zuhörerschaft mit ellenlangen Zitaten aus Rechtsprechungen ohne Angabe des Aktenzeichens buchstäblich erschlug und keine Verschriftlichung für die Öffentlichkeit anbot, dürfte als Missachtung des Publikums zu werten sein.

Eine AUT-Sitzung ist keine geschlossene Gesellschaft. AGORA-LA sitzt zwar meist allein am Pressetisch. Auflagenstärkere Presseorgane sieht man dort in der Regel nicht. Wenn aber Sitzungsvorlagen überholt sind, wenn es plötzlich neue wichtige Apekte gibt, die von den Sitzungsvorlagen abweichen, sollten sie wenigstens als Tischvorlage verteilt werden. Nicht nur für eine einzelne Vertreterin der Presse, sondern auch für die übrige Zuhörerschaft. Die juristischen Einlassungen sind bestimmt nicht erst kurz vor der Sitzung in der Oberdorfer Amtsstube erstellt worden. Aber möglicherweise stand die zeitintensive Suche nach einem neuen Referenzgebäude der Verschriftlichung des Suchergebnisses im Baurechtsamt entgegen.

Aktualisierung, 23.06.2021, 20.05 Uhr
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