Gräbenen VI, Teil 1

Die Schwäbische berichtete am letzten Mittwoch unter der Überschrift „Zoff um neues Baugebiet“ über das „Nachsehen der Grünen mit ihrem Gegenantrag.“
Die offene Grüne Liste (OGL), der korrekte Name der seit letztem Jahr neu gebildeten Fraktion, hatte weniger das Nachsehen. Vielmehr die demokratische Kultur. Der Zoff wurde nämlich vor allen Dingen bei denjenigen ausgelöst, die als Publikum Zeugen dieser Veranstaltung im Münzhof waren. In deren Namen nämlich hat manch demokratisch gewählter Vertreter im kommunalen Gremium für Außenstehende intransparent agieren und entscheiden müssen, weil die Sitzung entsprechend intransparent organisiert erschien.
Was war am Montag geschehen?
Es ging nicht um ein neues Baugebiet, die Diskussion um die Bebauung ist ein alter Hut. Die Herangehensweise an das Thema hat sich allerdings durch neue Mehrheiten im Gemeinderat gewandelt. Die scheint offensichtlich für einige Mitglieder des Gremiums noch immer ungewohnt. Immerhin herrscht Einigkeit darüber, dass gebaut werden soll.
Der Themenkomplex Gräbenen VI war bereits vorgezeichnet durch die Entscheidung im letzten Dezember, die Aufstellung eines Bebauungsplans nach § 13b vorzunehmen. Viele Gemeinden haben damals noch schell zum Ende des Jahres 2019 Bebauungspläne im sogenannten beschleunigten Verfahren aufgestellt, weil der Paragraph im Dezember 2019 auslief und der Beschluss bis zu diesem Zeitpunkt gefasst werden musste. Wesentlich an diesem Paragraphen ist:
- Er verzichtet auf die frühzeitige und die förmliche Beteiligung der Öffentlichkeit.
- Die Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung und Erstellung eines Umweltberichts entfällt.
- Für Eingriffe im Sinne der Eingriffsregelung (§ 1a Abs. 3 BauGB) ist kein Ausgleich erforderlich.
Dieser Paragraph gilt als hoch umstritten. Im Zuge der BauGB-Novelle 2017 hatte der Gesetzgeber den Anwendungsbereich von § 13a BauGB und des sog. beschleunigten Verfahrens zur Aufstellung von Bebauungsplänen ausgedehnt.
AGORA berichtete damals hier. Dort kann man ebenfalls den Text eines Antrages der OGL von Dezember 2019 nachlesen.
Auch am letzten Montag stellte die OGL erneut einen Antrag, der jedoch in den Sitzungsvorlagen nicht zu finden war. Daher war die Eröffnung der Veranstaltung und die Diskussion über die Reihenfolge der Abstimmung für die Zuhörerschaft auch so verwirrend. Niemand in der Zuhörerschaft kannte den Text, obwohl dieser bereits am Sonntagabend an das Rathaus verschickt worden war und den Sitzungsvorlagen hätte zugefügt werden können. Spätestens in der Sitzung hätte der Text im Wortlaut noch verteilt werden können.
Um in dieser schwierigen Situation für die Berichterstattung auf der sicheren Seite zu sein, hat AGORA bei der Rechtsaufsicht nachgefragt, ob es nicht Pflicht sei, in der Sitzung diese Unterlagen der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen?
Sie hat die folgende Antwort gestern über den Pressesprecher des Landratsamtes, Robert Schwarz, erhalten: :
Nach § 41b Abs. 3 GemO sind in öffentlichen Sitzungen die Beratungsunterlagen im Sitzungsraum für die Zuhörer auszulegen. Für die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung und Leitung der Sitzung ist die Beachtung dieser Vorschrift hingegen keine Voraussetzung (§ 41b Abs. 6 GemO).

Die Antwort führt nicht viel weiter. Dazu muss man in den Kommentar (Aker, Hafner, Notheis, 2. überarbeitete Auflg., 2019) zur Gemeindeordnung (GemO) schauen. Dort heißt es zu in den Erläuterungen zu §41b, GemO unter V. „Auswirkung auf die Einberufung und Leitung der Sitzung“ in der Randnotiz 6, S.476 (nicht zu verlinken ), dass es sich bei der öffentlichen Bekanntmachung der Sitzung nicht nur um „bloße Ordnungsvorschriften, sondern Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für die Beratung und die Beschlussfassung handelt.“
Man kann nur hoffen, dass die anderen Fraktionen den Wortlaut des Textes vorliegen hatten. Die Transparenz der Arbeit des Gemeinderates der Öffentlichkeit gegenüber, die den Text nicht kannte, wurde in jedem Fall geschmälert, so dass der Ärger darüber gleich zu Beginn für die beobachtende Zuhörerschaft vorprogrammiert war. Der Text findet sich bis heute nicht in den Sitzungsvorlagen zu Gräbenen VI auf der Homepage LA.
Gemeinderat Kraus (OGL) verlas dann den Antrag (s. Text hier) seiner Fraktion, da er scheinbar auch nicht in der Präsentation der Verwaltung zur Sitzung aufrufbar war.
In der Folge entspann sich eine Diskussion über die Befangenheit von Gemeinderat Vögele(CDU) wegen der Beauftragung des Planungsbüros Kienzle Vögele Blasberg GmbH, der Ausgangspunkt für den unglücklichen Verlauf der Sitzung. Nach Meinung der Verwaltung bezog sich die Befangenheit lediglich auf den 2.Punkt der Beschlussvorlage.
Die OGL war jedoch der Auffassung, dass Gemeinderat Vögele für die gesamten Punkte zu “Gräbenen VI” als befangen gelte. Bürgermeister Krafft hob hervor, dass er sich bei der Rechtsaufsicht abgesichert habe und die Befangenheit von Gemeinderat Vögele nur für Punkt 2 der Beschlussvorlagen gelte.
Auch dazu hat AGORA bei der Rechtsaufsicht über den Pressesprecher Schwarz nachgefragt und wollte wissen, welche Empfehlung die Rechtsaufsicht zum Thema der Befangenheit des Gemeinderates Vögele an die Verwaltung LA gegeben hatte.
Die Antwort der Rechtsaufsicht kam ebenfalls heute über den Pressesprecher Robert Schwarz :“ Wir sind im Vorfeld der Sitzung telefonisch um eine Einschätzung zu dieser Frage gebeten worden. Die gewählte Vorgehensweise in der Sitzung deckte sich soweit wir wissen mit diesen beratenden Aussagen“.
Interessant ist die Bemerkung“ soweit wir wissen“. Man kann nur hoffen, dass der Rechtsaufsicht die Beschlussvorlage in allen Punkten vorlag, als man diesen Vorgang zuvor per Telefon verhandelt hatte. Wie verwirrend die Sitzung zu dem Thema tatsächlich verlaufen ist, kann die Rechtsaufsicht eigentlich nicht wissen. Der Inhalt der Beratung bleibt ebenfalls nebulös in der Antwort.
Da die Materie von der Leserschaft Durchhaltevermögen verlangt, endet hier der erste Teil der Berichterstattung zu “Gräbenen VI” Keine Sorge, es geht zeitnah nach Sichtung weiterer Antworten zu Presseanfragen weiter! Bleiben Sie dran !
PAUSE
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