Zum Beitrag der „Initiative Pro Bebauung Mooser Weg“ vom 28. März 2023

Gerd Kupper

Basierend auf einem Schriftsatz der „Initiative Pro (Bebauung) Mooser Weg“, erschien im Montfortbote Nummer 11 vom 17. März 2023 ein redaktioneller Beitrag, der wegen mehrerer fehlerhaften, irreführenden Aussagen und Darlegungen in der Ausgabe Nummer 12 vom 24. März 2023 berichtigt wurde. (Die MoBo-Redaktion entschuldigte sich bei der Leserschaft.Vgl.hier)

Mit Datum vom 28. März 2023 verteilten die Initiatoren erneut einen Schriftsatz, der falsche und irreführende Statements enthält. Hier zwei Beispiele:

  1. Die Initiatoren erklären, dass „… Darüber hinaus … allen klar sein [muss], dass es in den nächsten Jahren in Langenargen kein weiteres Bauen geben wird, da keine gemeindeeigenen Flächen zur Verfügung stehen, die das sogenannte Einheimischen Modell unterstützen würden, was ja aber explizit die Europäische Union fordert .…“.

Eine Forderung seitens der Europäischen Union (EU), wie sie hier von der Initiative diffizil konstruiert wird, gibt es nicht, weder explizit noch implizit.  

Hintergrund: Die Europäische Kommission hatte ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der in einigen Bundesländern praktizierten Einheimischenmodelle (Ungleichbehandlung anderer Interessenten bei Grundstücksvergaben) eingeleitet. Das Vertragsverletzungsverfahren wurde im Februar 2017 nach Vereinbarung neuer „Leitlinien für Gemeinden bei der vergünstigten Überlassung von Baugrundstücken im Rahmen des so genannten Einheimischenmodells“ (anzuwenden in allen Bundesländern) eingestellt. Hier

Unter Berücksichtigung des Grundrechts auf Freizügigkeit dienen Einheimischenmodelle dazu, einkommensschwächeren und weniger begüterten Personen der örtlichen Bevölkerung den Erwerb angemessenen Wohnraums zu ermöglichen. Dies geschieht durch die Berücksichtigung von :

1. Vermögens- und Einkommensobergrenzen, die nicht überschritten werden dürfen,

2. Auswahlkriterien (zum Beispiel Anzahl der Kinder, pflegebedürftige Angehörige, Behinderung) und ihre punktebasierte Gewichtung, und 3. ortsbezogenen Kriterien, die höchstens zu 50 Prozent in die Bewertung einfließen dürfen. 

Das Kriterium der Ortsansässigkeit darf für die Bewerbungsberechtigung keine Rolle spielen mit der Folge, dass auch Ortsfremde am Einheimischenmodell teilnehmen können.

Zugleich wird deutlich, dass Bewerber, die die Einkommens- und Vermögensgrenzen überschreiten – das gilt für Ortsfremde wie auch Personen der örtlichen Bevölkerung gleichermaßen – ein Grundstück im Rahmen eines Einheimischenmodells nicht erwerben können. Für diese Bewerber können andere Vergabemodalitäten (zum Beispiel Höchstgebots- oder Losverfahren) ausgeschrieben werden. 

Wie die Leitlinien EU-rechtskonform ausgestaltet werden können, kann gegenwärtig in der Gemeinde Kressbronn verfolgt werden.

Die Gemeinde Kressbronn hat Richtlinien über die Vergabe von kommunalen Wohnbauflächen im Einheimischenmodell (Wohnbauflächenvergaberichtlinien I) und Richtlinien über die Vergabe von kommunalen Wohnbauflächen im sozialmodifizierten Festpreisverfahren sowie im Höchstgebotsverfahren (Wohnbauflächenvergaberichtlinien II) entwickelt. 

Angewandt werden diese Richtlinien bei der Vergabe der „Bachtobel-Grundstücke“.

Die Eigenheimgrundstücke werden in vier Tranchen vergeben. 

Mit der ersten Tranche sind bereits vier Grundstücke im Einheimischenmodell (Vergaberichtlinien I) vergeben worden. Beworben hatten sich 13 Ortsansässige und 11 Ortsfremde. Nach Auswertung der Vergabekriterien erhielten vier Kressbronner Familien mit Kindern die Zusage zum Erwerb.

Mit der zweiten Tranche werden weitere vier Grundstücke nach dem sozialmodifizierten Festpreisverfahren vergeben (Vergaberichtlinien II). Es gibt keine Vermögens- und Einkommensgrenzen, weshalb ortsbezogene Kriterien nicht angewandt werden. Wie bei der ersten Tranche können sich Ortsansässige und Ortsfremde bewerben. Die sozialgerechte Vergabe erfolgt durch eine punktebasierte Vergabe (zum Beispiel Anzahl der Kinder, pflegebedürftige Angehörige, Behinderung). Bei gleicher Punktzahl entscheidet der Zeitpunkt der Bewerbung und danach das Los.

Über das/die Vergabeverfahren der dritten und vierten Tranche wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden.

Nebenbei: Der Grundstückspreis ist für alle vier Tranchen mit 675 Euro pro qm festgelegt.

  • Weiterhin erklären die Initiatoren: „…die Fläche ist im Gemeindeeigentum und kann damit mit einem sozial verträglichen Bauplatzpreis für Langenargener Bürger vergeben werden.“

Auch diese Ausführung ist falsch. 

Eine vergünstigte Überlassung von Baugrundstücken kann nur im Rahmen eines Einheimischenmodells erfolgen. Der vergünstigte Grundstückspreis gilt dann für einkommensschwache ortsansässige wie auch für ortsfremde Bewerber.

Bei allen anderen Vergabeverfahren darf das Grundstück nicht unter dem Marktwert abgegeben werden (siehe Gemeindeordnung) Eine ausschließliche Vergabe „Nur für Langenargener“ wäre nicht EU-rechtskonform. Eine solche Vergabe würde der Verwaltung im Zuge eines zu erwartenden Rechtsstreits „um die Ohren fliegen“.

Nebenbei: Was die Initiatoren unter sozialverträglich verstehen, lassen sie unverständlicherweise offen. 

Kommentar des Verfassers:

Es ist nicht nur ärgerlich, sondern vielmehr unverantwortlich, dass die Gründer der „Initiative Pro Bebauung Mooser Weg“ zum wiederholten Male mit falschen und unzutreffenden Verlautbarungen agitieren. Dabei sind die korrekten und relevanten Informationen allgemein zugänglich und leicht zu erarbeiten. 

Wer, wie die Initiative, mit dem Rückgang der Bevölkerungszahl und dem höheren Altersdurchschnitt der Langenargener Bevölkerung argumentiert (siehe Andeutungen im MoBo Nummer 11), muss eine „Initiative Pro Zuzug Ortsfremder“ (= Optimistisches Szenario der Wohnraumbedarfsanalyse) gründen und an der Ziel- und Umsetzung bis 2035 positiv gestaltend mitwirken. Eine „Initiative Pro Bebauung Mooser Weg“ verfehlt dieses Ziel.

Erfreulich ist, dass die Initiatoren ihre Bereitschaft zur konstruktiven Unterstützung des Bürgermeisters und der Verwaltung durch weitere Gesprächsbereitschaft zum Ausdruck gebracht haben und dies mit positivem Mienenspiel in der SZ (20.03.2023) unter dem Titel “Ortsfrieden in Gefahr“ betonen. Hier .

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